Langsam aber sicher stellt sich der Herbst bei uns in Rheinhessen ein. Was kann es da Schöneres geben, als in einem heimeligen Café dem Regen zuzuschauen oder auch die letzten Sonnenstrahlen auf einer einladenden Terrasse einzufangen? Für diesen Beitrag habe ich vier Rheinhessinnen nach ihren liebsten Cafés gefragt, und kann nun vier echte Insidertipps weitergeben, die alle das gewisse Etwas haben.
Cafédrale C41, Mainz-Drais
Beim Thema Cafés fällt mir sofort wieder ein, wovon eine Freundin mir vor kurzem erzählt hatte: Einem Café in der evangelischen Kirche in Mainz-Drais. Gleich zücke ich mein Handy und frage nach, ob sie mir bei Gelegenheit mehr über das Projekt erzählen kann – prompt kommt die Antwort: „Lass uns doch am Mittwoch gleich vor Ort treffen, ich will sowieso noch meinen Kuchen abgeben!“. „Kuchen abgeben?“, frage ich mich und sage zum Treffen zu.
Gesagt, getan, sitze ich mit Michelle an einem der Tische vor der recht modernen Kirche mitten im Wohngebiet in Drais und sie erzählt. Das Café der evangelischen Kirchengemeinde Drais-Lerchenberg gibt es erst seit Juni, die Idee dahinter: Die Kirchenräume können und sollen noch viel stärker als Begegnungsstätte genutzt werden, als nur alle zwei Wochen zum Gottesdienst. „Der Cafébetrieb ist eine echte Bereicherung für den Stadtteil, das möchten wir natürlich unterstützen“, freut sich Michelle. Unterstützen deshalb, weil hier fast alles ehrenamtlich gestemmt wird – von den Diensten bis hin zum Kuchen backen. Michelles Kuchen ist mittlerweile schon in der gut gefüllten Theke untergekommen und wartet nur darauf, mit einem leckeren Kaffee in der Sonne vor der Kirche genossen zu werden.
Jetzt gesellen sich auch Karolin, die Vikarin der Gemeinde, und Kerstin, Gemeindemitarbeiterin, zu uns. Sie berichten vom Startschuss des Projekts: „Eigentlich hatten wir fünf Tage PopUp Café sozusagen als Probelauf für einen möglichen Start im September geplant. Diese fünf Tage sind aber so gut angekommen, dass wir schon in den Sommerferien gleich viermal geöffnet hatten.“ Der große Zuspruch, den die Cafédrale erfährt, ist gleich zu sehen und zu spüren. Es herrscht ein reges Ein und Aus, Senioren sitzen an den Tischen genauso wie Familien und junge Leute. Was Kerstin und Karolin hier besonders gefällt? „Es herrscht so eine wunderbare Fröhlichkeit, bei den Gästen, aber auch bei unseren vielen ehrenamtlichen Helfern“, betonen sie. Übrigens: Hier in der Cafédrale bezahlt jeder nur, was er kann – die Preise auf der großen Tafel sind lediglich eine Orientierung, wie groß zu lesen ist. Ab September öffnet die Gemeinde dreimal in der Woche, donnerstags, freitags und samstags die Türen ihrer Kirche, um sie mit noch mehr Leben zu füllen. Nähere Infos zum Projekt gibt es auf der Website.
Mainzer Kaffeemanufaktur, Mainz-Finthen
Meine ganze Familie, insbesondere meine Mutter, ist schon lange von den Kaffees der Mainzer Kaffeemanufaktur überzeugt. Sie ist die Einzige in der Familie, die ihren Kaffee schwarz trinkt und hat mit dem „Peru“ der Kaffeemanufaktur ihren Favoriten gefunden. Vor kurzem durften wir bei einer Betriebsführung einen Blick hinter die Kulissen in den neuen Räumlichkeiten in Finthen werfen, und dabei viel über die Arbeit vor Ort, mit den Produzenten und mit dem Produkt selbst lernen.
Die Bohnen der Mainzer Kaffeemanufaktur kommen aus der ganzen Welt: Java, Brasilien, Kenia, Costa Rica, Honduras, Sumatra und noch viele weitere Länder liest man auf den Packungen in den Regalen. Was sie alle gemeinsam haben: Sie sind kleinbäuerlich und unter fairen und umweltfreundlichen Bedingungen produziert, dafür setzt man sich hier besonders ein. Die persönliche Beziehung zu den Farmern und ihren Familien liegt Inhaber Norbert Becker sehr am Herzen und so ist er oft auf der ganzen Welt unterwegs, um diese zu pflegen. Auch auf Zwischenhändler wird verzichtet, um eine faire Bezahlung der Produzenten zu garantieren. Durch die Bemühungen des Mainzer Unternehmens konnten bereits viele Dörfer bei den Themen Schule und Infrastruktur unterstützt werden.
Bei der Weiterverarbeitung der Kaffeebohnen kommt die Langzeitröstung zum Einsatz. So wird der Kaffee besonders mild, verträglich und aromatisch. Das kostet natürlich seine Zeit verglichen mit einem Industriekaffee, der in nur wenigen Minuten bei sehr hoher Temperatur geröstet wird. Ein Ergebnis, das überzeugt (und vor allem schmeckt): Im Café der Manufaktur werden verschiedenste Kaffeespezialitäten angeboten, von Cappuccino über Latte Macchiato bis hin zu Espresso – natürlich alles aus den eigenen Bohnen. Zudem gibt es einen wechselnden Kaffeeausschank. Richtig gelesen! Bei jedem Besuch können so andere Sorten verkostet werden, bis man seine Lieblingsbohne findet. Wem das zu langwierig ist, kann sich natürlich auch vom fachkundigen Personal beraten lassen. Hinter der Theke hilft Wolfgang gerne bei der Auswahl weiter und verrät auch den ein oder anderen Tipp zur Zubereitung zuhause. Bei einem so rundum guten Gefühl bleibt einem nichts anderes übrig, als ein Stück Kuchen und eine Tasse Kaffee zu genießen und vom Café aus den Blick durch die gläserne Rösterei nebenan schweifen zu lassen. Im Onlineshop der Manufaktur gibt es einen Überblick über die Kaffeesorten, hier findet man aber auch nähere Infos zu den Öffnungszeiten vor Ort.
Veronikas Weincafé, Weingut Strubel-Roos, Flonheim
Veronikas Weincafé vom Weingut Strubel-Roos liegt idyllisch in einer der verwinkelten Gassen von Flonheim, Seite an Seite mit dem Weinhotel der Familie. Hierher hat es mich nach einer Empfehlung von Sandra verschlagen, sie ist Kultur- und Weinbotschafterin hier in Rheinhessen und immer auf der Suche nach kulinarischen Highlights. Im Café erwartet mich munteres Treiben, und mittendrin steht Veronika hinter der Theke und hilft einer Kundin bei der Auswahl eines Stück Kuchens. Das ist gar nicht so einfach, denn: Die vielen Sorten Kuchen und Torte sehen alle verführerisch lecker aus. Schließlich entscheidet sich die Dame für einen Klassiker, ein Stück Pflaumenkuchen, und Veronika findet einen Moment Zeit für mich.
Bei unserem Gespräch fangen wir wirklich ganz von vorne an, nämlich bei der Entscheidung ihrer Eltern für ein zweites Standbein – das Weinhotel. Das gibt es seit 17 Jahren und ist seitdem immer wieder gewachsen. Irgendwann merkte die Familie, dass die Hotelgäste stets auf der Suche nach einer Überbrückung zwischen Mittagstisch und Abendessen waren. Schnell war die Idee eines Weincafés geboren, in dem Gäste aller Art vom frühen Nachmittag bis in den Abend hinein eine Stärkung genießen und die Seele baumeln lassen können. Für Veronika ging hiermit ein echter Traum in Erfüllung, denn die studierte Hotel- und Gastronomiemanagerin hat die Leidenschaft fürs Backen bereits von ihrem Opa in die Wiege gelegt bekommen. Der war auch schon Bäcker und noch heute nimmt die Enkelin seine traditionellen, überlieferten Rezepte in ihrer eigenen Backstube zur Hand.
Viele der Kuchen und Torten in der großen Theke sind von der Saison inspiriert, teilweise sogar mit dem eigenen Obst belegt. „Das ist auch der Grund, warum gerade die einheimischen Gäste so gerne zu uns kommen“, verrät Veronika – sie ist sichtlich stolz auf die handwerkliche Qualität ihrer Kreationen, für die sie seit 2013 verantwortlich zeichnet. Diese schätzen natürlich nicht nur Besucher aus dem nahen Umkreis, sondern auch die Hotelgäste sowie die vielen Radfahrer und Wanderer, die Flonheim beispielsweise wegen seiner Hiwweltour „Aulheimer Tal“ besuchen. Wer keine Lust auf Süßes hat, kann außerdem zwischen verschiedenen Flammkuchen wählen und dazu einen der Weine von Veronikas Bruder genießen – diese sind seit kurzem sogar bio-zertifiziert. Die Öffnungszeiten von Veronikas Weincafé sind Samstag und Sonntag von 14:00 bis 18:00 Uhr (Februar – November).
Nachtigallenhof, Wallertheim
Der Nachtigallenhof in Wallertheim ist ein eher junger Betrieb – zumindest wirkt es für Außenstehende so. Seit Mai 2022 sind seine Tore offen für Besucher, ein großer Staudengarten mit zugehöriger Gärtnerei und ein Gartencafé laden zum Verweilen ein. Meine Schwägerin Melli ist über ihre Liebe zu allem, was rund ums Haus wächst und gedeiht auf den Hof gestoßen und hat mich gleich hierher verwiesen.
Seine Anfänge nahm das Projekt jedoch schon viel früher, nämlich als die Besitzer Mark Ehrbrecht und Markus Gaißl noch Studenten, aber schon damals begeisterte Topfgärtner waren. Die Leidenschaft für alles Grüne versiegte nicht, sondern konnte über die Jahre mit viel Inspiration aus aller Welt immer weiter gedeihen. Mitte der 2000er Jahre stießen die beiden bei der Haussuche auf ein Grundstück mit einer alten Tannenbaumplantage in Wallertheim, das verkauft werden sollte – der heutige Nachtigallenhof. Doch in den folgenden Jahren stand für die Quereinsteiger vor allem eins auf dem Programm: Ordnung schaffen, Beete anlegen, Pflanzen auf ihre Tauglichkeit testen und diese gegebenenfalls austauschen.
Aus diesem Prozess heraus entstanden schließlich die heute zu besichtigenden Staudenbeete mit Sonnen- und Schattenbereichen, die vor allem aus besonders trockenheitsresistenten Arten zusammengestellt sind. Bei seinen regelmäßigen Führungen über das weitläufige Gelände inklusive Nutzgarten, Hühnergehege und Gärtnerei teilt Markus Gaißl gerne sein Fachwissen mit teils sogar internationalen Besuchergruppen. Das sich über das ganze Jahr wandelnde Blütenmeer kann aber auch ohne Führung erkundet werden, wie beispielsweise an den Tagen der offenen Gärten, die in ganz Rheinhessen stattfinden.
Das gemütliche Gartencafé gleich am Eingang und trotzdem schon mitten im Grünen rundet einen Besuch auf dem Hof ab. Mutter Rosemarie Gaißl kümmert sich liebevoll und zuvorkommend um die Gäste und versorgt sie mit ihren selbstgebackenen Kuchen. Dazu gibt es eine Tasse leckeren Filterkaffee – kein Blendwerk, sondern ehrliche, bodenständige Qualität, die an allen Ecken ihre Schöpfer Mark Ehrbrecht und Markus Gaißl widerspiegelt. Das Paar erlebt seine Arbeit auf dem Hof als Gegenentwurf zum eigentlichen Berufsleben, als „andere Seite vom Leben“, wie sie zu sagen pflegen.
Café und Garten sind Freitag, Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 14 bis 18 Uhr von April bis Oktober geöffnet. Eine Übersicht mit den Öffnungszeiten des Gartens und den vielfältigen Angeboten des Nachtigallenhofs gibt es auf der Website.
3 Antworten
Das für mich schönste und gemütliche Cafe in Rheinhessen und Mainz ist veronicas weincafé mit einer tollen kuchenauswahl.
Veronika’s Weincafe hat die besten Kuchen. Das Personal und die Inhaberin sind sehr freundlich.
Hallo Ines 🙂
vielen lieben Dank für Deinen schönen Artikel zur Cafédrale.
Wir haben jetzt auch eine eigene Homepage: https://cafedrale-c41.jimdosite.com/ Wäre sehr schön, wenn Du ihn einpflegst.
Liebe Grüße
Christian