Fruchtige Radtour mit Frühlingsgefühlen – unterwegs auf der Obstroute

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Dieser Beitrag wurde am 07. Mai 2021 veröffentlicht und am 25. April 2024 aktualisiert.

Vor allem rund um Ingelheim am Rhein finden sich viele Obstplantagen und Streuobstwiesen in den Tälern unweit des Rheins. Aber nicht nur Weintrauben, Äpfel, Kirschen und Co. fühlen sich hier pudelwohl, auch die Menschen, die wir heute auf unserer Tour entlang der Obstroute treffen werden.

Rauf auf den Sattel und rein in die Pedale

Um mehr über die Region rund um Ingelheim am Rhein zu erfahren, schwingen wir uns für einen Tag aufs Fahrrad. Wir radeln auf der Westschleife der Obstroute mit Start und Ziel in der Rotweinstadt. Gegen den Uhrzeigersinn, so wie es in der Routenempfehlung steht, begeben wir uns auf die rund 30 Kilometer mit nur einem längeren Anstieg von Gau-Algesheim bis Ober-Hilbersheim.

Doch halt – wir haben ja noch gar keine Fahrräder! Bevor wir uns die frühlingshafte rheinhessische Luft um die Nase wehen lassen, leihen wir uns diese heute in Form von zwei schnittigen E-Bikes im Fetzers Landhotel in Ingelheim aus. Das in ruhiger Lage im Stadtteil Sporkenheim gelegene Hotel ist nur wenige Kilometer von der Obstroute entfernt und bietet sich deswegen optimal auch als Basis für weitere Erkundungstouren in Rheinhessen an.

Gau-Algesheim – Mekka für Wein- und Fahrradfreunde

Nun also Helm auf und los geht’s in westlicher Richtung zu unserer ersten Station nach Gau-Algesheim. Vorbei am Nordausläufer des Westerbergs und den ersten blühenden Obstbäumen erwartet uns das kleine Weinstädtchen, welches jedes Jahr am zweiten Wochenende im Oktober zur Pilgerstätte vieler Weinfreunde wird. Das „Fest des jungen Weines“ ist seit 1952 ein fester Bestandteil im Veranstaltungskalender. Mittlerweile gehört es auch zu den besonderen Rheinhessen AUSGEZEICHNET Weinfesten. Auf und um den Marktplatz bieten dann die Gau-Algesheimer Winzer den jungen Wein – Federweißer – wie auch ältere Rebenschätze mit viel Unterhaltung und kulinarischen Spezialitäten an. Doch der Oktober ist jetzt im Frühling noch weit entfernt und so genießen wir bei einem kleinen Frühstück die friedliche Szenerie des Marktplatzes, bevor wir die wenigen Meter zum Schloss Ardeck fahren.

Marktplatz Gau-Algesheim

Hier erwartet uns Emil Busch, seines Zeichens ehrenamtlicher Museumsleiter des Rheinhessischen Fahrradmuseums. Viele Schätze und Raritäten erwarten uns in fünf Räumen des Schlosses. Immer Sonntags Nachmittags von 14:00 bis 18:00 Uhr und an den Feiertagen kann man einen Blick hinein werfen und ganze 85 Exponate rund ums Rad entdecken.

Angefangen bei einer Nachbildung der Laufmaschine von Karl Drais, über
wahrhaftige „Drahtesel“ der letzten Jahrhunderte bis hin zu den Rennmaschinen der Neuzeit kann man alles anfassen, fotografieren und begutachten. Anfassen und fotografieren? Ja, richtig, denn im Gegensatz zu vielen anderen Museen ist das im Rheinhessischen Fahrradmuseum ausdrücklich erlaubt! Das ist die Philosophie der Ausstellung, wie uns Herr Busch aufklärt: „Greifen zum Begreifen und Anfassen zum Erfassen!“, während er freudestrahlend eines der vielen Räder besteigt und uns dessen Funktionsweise mit viel Hingabe und Wertschätzung veranschaulicht.

Der Eintritt ist übrigens kostenfrei, aber natürlich freut man sich am Ausgang über eine kleine Spende.

Durch blühende Felder und Wiesen nach Appenheim

Wir schwingen uns wieder auf den Sattel und kommen uns nach dem Museumsbesuch auf unseren E-Bikes wie Zeitreisende aus der Zukunft vor. Da wir heute noch Einiges vor uns haben, treten wir in die Pedale und nehmen Kurs auf Appenheim.

Jetzt geht es ein großes Stück durch die Natur auf dem gut ausgebauten und asphaltierten Radweg. Und schnell wird deutlich, warum dieser die Bezeichnung „Obstroute“ trägt. Apfelbaumplantagen in voller Blüte säumen unseren Weg und wir kommen gar nicht daran vorbei, eine kurze Fotopause einzulegen. Das leise Summen der Bienen, das Zwitschern der Vögel und die wärmende Sonne laden eigentlich dazu ein, die Picknickdecke auszupacken und diesen Frühlingsmoment zu genießen. Gespannt auf noch mehr tolle Aussichten radeln wir aber erst einmal durch das ruhige Welzbachtal mit Blick auf den Gau-Algesheimer Kopf am Horizont und nehmen Kurs auf den nächsten Anstieg. Schließlich erwarten uns ja noch viele solcher Panoramen auf unserem Weg.

Ca. 50 Meter abseits der Obstroute hinter Appenheim befindet sich am Fuße eines Weinbergs die Mühlen Schänke. Wir sind verabredet mit Stefanie Heucher, die uns am Hoftor mit offenen Armen begrüßt. Noch bereitet sie sich mit ihrer gesamten Familie auf die neue Sommersaison vor. Ab Mai hat die Mühlen Schänke sonntags und feiertags ab 15 Uhr geöffnet – „bis keiner mehr da ist!“ erklärt uns lächelnd die Chefin. Drei Generationen arbeiten Hand in Hand, um Fahrradfahrer, Wanderer, Reiter und andere Ausflügler im großen Garten mit Flammkuchen, hausgemachter Steinofenpizza, Steaks und erfrischenden Getränken zu versorgen. Kinder können sich auf dem einladenden Spielplatz austoben, der von Emil, dem Esel, sowie den beiden Ziegen Herkules und Hennes beaufsichtigt wird.

Wir leeren unsere kühlende Traubensaftschorle und verabschieden uns von Familie Heucher, Emil, Herkules und Hannes, der uns am Zaun noch ein paar Meter begleitet.

Schaukeln mit Ausblick

Wieder fest im Sattel, können wir uns gar nicht satt sehen. Alles blüht und bringt Vorfreude auf das leckere Obst! Wir passieren einen kleinen, schilfbewachsenen Weiher und folgen der Wegbeschilderung weiter bei leichtem Anstieg über Nieder-Hilbersheim hoch hinauf bis nach Ober-Hilbersheim. Ein riesiger Kirschbaum direkt am Wegesrand mit seinem beeindruckenden Blütenumhang hat es uns angetan.

Nachdem wir das kleine Örtchen Engelstadt durchquert haben, fällt uns rechts des Weges ein Wingertshäuschen auf, bestens plaziert auf einer kleinen Anhöhe im Weinberg. Tolle Aussicht von hier oben. Aber das ist noch nicht alles. Nur wenige Meter weiter gibt es noch eine Schaukel mitten in der Landschaft, die natürlich gleich ausprobiert werden muss. So einfach kann fliegen sein!

Weiter auf der Obstroute streifen wir Stadecken-Elsheim und rasten an einem sagenumwobenen Ort, dem Elftausend-Mägde-Turm. Die ehemalige Zollstation aus dem 14. Jahrhundert hat ihren Namen der Legende nach von der Querung der ehemals darunter fließenden Selz durch die Heilige Ursula von Köln. Mit ihrem Gefolge von 11.000 Jungfrauen war sie auf dem Rückweg ihrer Wallfahrt nach Rom und ließ sich für eine Nacht im Ort nieder. Der ortsansässige Karnevalsverein „Die Schnorressänger“ übernahm 2006 die Patenschaft und den teilweisen Wiederaufbau der Ruine. Nicht ganz uneigennützig, wie die dazugehörige Infotafel aufklärt: man erhofft sich, dass in naher Zukunft noch einmal 11.000 Jungfrauen den gleichen Weg beschreiten werden.

Zarte Versuchungen in Schwabenheim an der Selz

Die Obstroute hat nun keine Steigungen mehr und begleitet die Selz ebenso ruhig auf ihrem Weg nach Norden durch dichtes und sattes Grün. Die Obstbäume stehen für uns Spalier.

In Schwabenheim verlassen wir kurz die Route, um uns einer kleinen, aber feinen Stärkung zu widmen. Nina Klos betreibt seit 2011 in der Schulstraße ihre Pralinen-Manufaktur. Zwanzig Sorten Tafelschokolade und dreißig Pralinensorten stellt der Einfraubetrieb der gelernten Konditormeisterin her. Neben ihren Lieblingspralinen, den Kokos-Safran-Trüffeln, finden sich in den Vitrinen noch Sorten wie Honig-Mandel-Trüffel, Herzenswärme-Trüffel, Dornfelder-Trüffel und viele, viele andere mehr. Vielfältige handgemachte Tafelschokoladen und Hohlfiguren runden das Sortiment ab. „Meine Kunden lieben vor allem auch meine Marzipan-Cremefüllung. Die schmilzt so schön auf der Zunge.“, weiß die Chocolatière stolz zu berichten, der in ihren vorangegangenen Anstellungen stets das Ausleben der eigenen Kreativität fehlte. In den Genuss der kleinen bio-zertifizierten Köstlichkeiten kommt man direkt in der Manufaktur immer Donnerstag Nachmittag oder jederzeit nach telefonischer Vereinbarung. Und wir können mit vollem Mund versichern, dass sich der Besuch lohnt!

Endspurt nach Ingelheim

Der letzte Abschnitt unserer Tour führt vorbei an den Weinbergen des Westerbergs. Oben auf dem Berg erkennen wir Schloss Westerhaus, das größte Hofgut Rheinhessens, und den auf dem Ausläufer des Bergs thronenden Bismarckturm, bevor wir in Ober-Ingelheim das Ohrenbrücker Tor auf unserer Route passieren. Es ist eins der rekonstruierten Stadttore der ehemaligen Ortsbefestigung von Ober-Ingelheim aus dem 13. Jahrhundert. Wir unternehmen einen Abstecher von der Obstroute auf die Hiwwel-Route, um das historische Ingelheim mit der Burgkirche und die sie umgebende Stadtmauer zu erkunden.

Wer noch mehr Geschichte in Ingelheim aufsaugen möchte, findet in und um die ehemalige Kaiserpfalz sowie im dazugehörigen Museum beeindruckende Zeugnisse aus der Zeit der römisch-deutschen Kaiser. Hier, wo vor über 1.200 Jahren zeitweise Karl der Große oder auch Friedrich I. Barbarossa über ihr Reich regierten, spürt man noch den Hauch der Zeit. Viele der einstigen Bauten sind überirdisch sichtbar, wie die Saalkirche sowie die Ruinen der Aula regia oder des Heidesheimer Tores.

Obst auf der Obstroute gibt es auch im Frühling

Nur noch wenige Kilometer trennen uns vom Ende unserer abwechslungsreichen Etappe. Leider! Vom Museum der Kaiserpfalz aus lassen wir uns einfach bergab über die Mainzer und Binger Straße ins Stadtzentrum rollen. Obwohl wir jetzt im Frühling noch ganz am Anfang des Jahreskreislaufs sind, muss man auf Obst auf der Obstroute nicht verzichten. Unsere letzte Station auf unserer Tour ist einer der Obsthöfe in der Region. In „Elli’s Hofladen“ in Ingelheim, gleichzeitig Sitz von Gottschalk Obst, besorgen wir uns Äpfel und frische Säfte für Zuhause. Obstbauer Michael Gottschalk erzählt uns dabei mehr über seinen Hof. Gerade bewirtschaftet er 16 von 20 Hektar rund um Ingelheim mit allerlei Obst, darunter allein rund 10 Hektar mit Apfelbäumen. Hinzu kommen Birnen, Quitten, Süß- und Sauerkirschen, Stachelbeeren, Himbeeren und einiges mehr. Diese können entweder als ganze Frucht direkt im Hofladen oder einigen Supermärkten in der Umgebung sowie gepresst als Saft in verschiedenen Gebindegrößen erstanden werden.

Und eine dringende Bitte an die Wanderer und Radfahrer gibt er uns beim Verlassen des Hofs noch mit auf den Weg: So praktisch es auch erscheinen mag – Obstpflücken und Naschen an den Bäumen der Obstbauern ist tabu! Viel zu oft stand er im Herbst schon vor leergepflückten Bäumen am Wegesrand, die er eigentlich selbst ernten wollte.

Unser Fazit zur Obstroute (Westschleife)

Ein wunderschöner Frühlingstag neigt sich dem Ende zu. Mit den letzten warmen Sonnenstrahlen auf unseren Nasenspitzen wechseln wir vom Fahrrad wieder auf vier Räder und treten den Heimweg an. Eine beeindruckende Tour auf der Westschleife der Obstroute liegt hinter uns, die mit dem E-Bike ohne große Mühen zu schaffen ist. Wer es lieber sportlicher mag, dem sei die große Obstroute mit insgesamt über 45 Kilometern empfohlen. Im Gegensatz zu ihrer kleinen Schwester hat diese noch ein paar kernige Anstiege auf die rheinhessische Hochebene in petto, belohnt dafür aber mit traumhaften Weitsichten auf den Rhein und bis in den Taunus.

4 Antworten

    1. Hallo Karin, unsere Radrouten sind alle nach dem landeseinheitlichen Standard ausgeschildert, also auch ohne Navi befahrbar. Bei dieser Tour gab es allerdings eine kleinen Abstecher von der Obstroute über die sog. Hiwwel-Route, weil wir gern das historische Ober-Ingelheim mitnehmen wollten.
      Wenn Du mit Navi fahren möchtest, kannst Du in unserer Tourenbeschreibung zur Obstroute (Westschleife) den GPX-Track runterladen oder Du nutzt die „Rheinland-Pfalz erleben App“.

  1. Super super schön gemacht!! Man sieht Ihr versteht Euer Handwerk!! Man kann Euch nur weiter empfehlen!! Weiter so!!

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Wo man auf zwei Rädern unterwegs sein kann, interessiert mich ganz besonders. Aber auch sonst bin ich gern aktiv. Hauptsache es geht raus in die Natur!

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