Mit einer Begine durch die historische Altstadt von Oppenheim; zum Kraftstrauß-Binden auf Kräutersuche in Eckelsheim; oder mit dem Smartphone zum Foto-Walk durch Mainz: Es gibt viele außergewöhnliche Möglichkeiten Rheinhessen im Rahmen einer Gästeführung zu entdecken. Marina Noble war hat drei dieser nicht alltäglichen Angebote unter die Lupe genommen. Eines haben diese Führungen, Erkundungen und Workshops gemeinsam: Garantiert nehmt Ihr neue Informationen, Erfahrungen und Aha-Erlebnisse mit nach Hause. Zufall ist, dass dabei immer starke Frauen in Aktion sind.
Moderne Frauen im Mittelalter: Beginen-Führung in Oppenheim
Die Frau im langen, beige-grauen Gewand begrüßt uns: „Ich bin Begine Elisabeth“. Auf dem Kopf trägt sie Haube und Schleier. An ihrem Gürtel ranken ein Zweig Zitronen-Melisse und Pfefferminze. In der Rolle einer Begine nimmt Elisabeth uns mit auf eine besondere Führung durch die historische Altstadt des hübschen Städtchens Oppenheim. Dabei lässt die Vertreterin der wohl ersten Frauen-Bewegung der Geschichte uns teilhaben an ihrem Leben und Arbeiten in der Zeit des Mittelalters. Und wir erfahren: Was hat die Menschen in dieser Zeit bewegt? Wie haben sie sich die Welt erklärt?
Frauen haben damals nur zwei Optionen: Entweder heiraten oder sich als Nonne in eine Kloster-Ordnung einfügen. Beginen wollen beides nicht, sondern vielmehr ein selbstbestimmtes Leben führen. So entstehen ab dem 12. Jahrhundert die alternativen Wohn- und Lebensgemeinschaften der Beginen-Häuser. Drei von diesen existierten in Oppenheim. Für ihren Lebensunterhalt sorgen die Frauen selbst. Oft sind sie die Sozialarbeiterinnen ihrer Zeit. Andere arbeiten in der Bildung oder fertigen Handarbeiten wie Stickereien.
Ein wichtiger Bereich ihrer Tätigkeit ist die Krankenpflege. Dafür arbeiten die Beginen mit den Franziskaner-Mönchen zusammen. Deshalb ist einer der ersten Stopps die von diesem Bettelorden erbaute St. Bartholomäus-Kirche unweit des Oppenheimer Marktplatzes. Wir erfahren über die „Killer“ des Mittelalters: Lepra, Pest, Cholera oder das Antonius-Feuer. Diese tückischen Krankheiten sind damals die Todesursache jedes Zweiten der Bevölkerung. Dafür suchen die Menschen nach Erklärung, etwa dass das Gehirn zu viel Schleim produziert oder die Körpersäfte durcheinandergeraten sind.
Elisabeth erzählt, wie die Beginen zu Kennerinnen von Heilpflanzen werden. Sie sind das einzige Mittel für Linderung und Heilung. „Was Kräuter nicht heilen können, heilt der Tod“, ist damals die Denke. In der Sterbebegleitung und Bestattung leisten die Frauen ebenfalls wichtige Dienste. Auch dazu erfahren wir heute nicht mehr vorstellbare Details.
Während ihrer Rundgänge durch Oppenheim geben die drei „amtierenden Beginen“ Ulla Eisenhardt, Ulrike Franz und Dr. Helga Schmadel gleichzeitig Einblicke zu wichtigen Sehenswürdigkeiten der Stadt des Krötenbrunnens. Dazu zählen das sich bis zu fünf Stockwerke tief unter der Altstadt ausdehnende Keller-Labyrinth, die Burgruine Landskron hoch oben oder das mächtige Bauwerk der Katharinenkirche.
Die rund 90 Minuten dauernden Kostümführungen sind für Gruppen bis 20 Personen buchbar über die Website der Stadt Oppenheim.
Urkräfte im Kräuterstrauß: Führung zur Sommer-Sonnenwende
Tief in die Welt der Pflanzen steigt Christina Mann von der Kräuterschule Herbula in Eckelsheim beim „Kräuter-Event zur Sommer-Sonnenwende“ ein. Die Fachfrau und Ethnobotanikerin rückt dabei in den Mittelpunkt, welche Bedeutung den Pflanzen zugeschrieben wird. Für die Menschen früher hatten sie magische Bedeutung für Schutz, Reinigung, Gesundheit oder Weisheit. Mit einem Kraftstrauß aus wilden Kräutern bündeln unsere Vorfahren diese Energie, um sie ein Jahr lang zu bewahren. Bei unserer Führung erfahren wir mehr und nehmen unseren eigenen Kraftstrauß mit nach Hause.
In ihrem prachtvoll blühenden Garten stimmt uns Christina Mann ein: Früher richteten die Menschen ihr Leben nach dem Licht und der Sonne aus, klar – es gab keinen elektrischen Strom. Daher feierten sie den längsten Tag des Jahres: die Sommer-Sonnenwende. Dann blühen die meisten Kräuter oder stehen in voller Pracht – also auch ein idealer Zeitpunkt für das besondere Kräuter-Event.
Wir lernen, dass früher die Drei als magische Zahl galt. Drei, neun, zwölf oder sonst eine Drei-Komponente soll daher ein Strauß haben. Doch Christina Mann macht deutlich: „Heute geht es ums Wohlbefinden und Spaß haben. Auch ein großer, bunter Strauß ist vollkommen in Ordnung“. Die wichtigsten Kräuter sind wieder drei: Beifuß, Johanniskraut und Wegerich. Die Expertin zeigt uns die Pflanzen und erklärt: Das Johanniskraut mit kleinen, gelben Blüten steht für Licht. Krautig-grün symbolisiert Beifuß die Kraft der Erde und das Leben. Der Samen des Wegerichs wird von Wind verweht – dabei zeigt er Widerstandskraft
Jeder der Gruppe pflückt die Stängel, die ihn ansprechen – im Garten und dann auf einer Wanderung. Immer wieder weist Christina Mann auf besondere Gewächse hin: Der Wilde Majoran steht für Freude; die Weinraute bringt Kraft, heute sagen wir Power; die Distel ist die Pflanze der Liebe. Die Kinder in der Gruppe begeistert, dass in den Glockenblumen die Elfen wohnen. Auch viele Geschichten hat unsere Führerin parat: In eine Wegwarte mit ihren hübschen blauen Blüten hätten die Götter eine junge Frau verwandelt, die verzweifelt ihren toten Geliebten suchte und so noch heute am Weg wartet.
Kurzweilig ist die Route vorbei an der Ruine der Beller Kirche und am Strandpfad der Sinne. Zurück in der Kräuterschule gibt es eine Stärkung: Für den Durst einen Rosé-Wein oder Traubensaft aus dem eigenen Weingut, für den Hunger eine köstliche Kräuter-Quiche. Letzen Schliff erhalten unsere Sträuße durch Bänder. Wieder hat die Farbe eine Bedeutung: Blau für Energie und Kreativität; Rot für Wärme; Gelb für Weisheit; oder Grün für die Erdung. Luftig über Kopf aufgehängt wird der Strauß trocknen und ein ganzes Jahr lang halten. Dann haben ihn unsere Vorfahren verbrannt und so der Erde zurückgegeben.
Weitere Informationen zum Angebot auf der Website der Kräuterschule.
Neue Perspektiven für Smartphone-Fotos: Foto-Walk durch Mainz
Um ein Gerät, das aus unserem modernen Leben nicht mehr wegzudenken ist, geht es beim zweistündigen Foto-Walk durch Mainz. Dieser verspricht fünf Tipps für das Fotografieren mit dem Smartphone. Um es vorweg zu nehmen: Es werden mehr als 50 wertvolle Hinweise und Aha-Momente – auch für Menschen, die denken, dass sie sich schon gut auskennen. Los geht´s mit einem prickelnden Warm-Up-Drink, einem Glas Sekt, am Treffpunkt der kleinen Gruppe: Der JAoderWEIN-Shop der Organisatoren Thorsten und Volker Griebel von WineWalk Mainz.
Als Tour-Guide übernimmt die Profi-Fotografin und Viel-Könnerin Marion Rockstroh-Kruft. Ihr Handwerk hat sie unter anderem am New York Institute of Photography gelernt. Was sie praktisch kann, belegen ihre Rheinhessen-Landschaftsfotos, welche die Wände zieren. Hier im Shop geht es zunächst ein bisschen um die Theorie und die Benutzung des Smartphones. Denn es ist „unser Werkzeugkasten“, wie es Marion nennt.
Sie erklärt und zeigt geduldig jedem Einzelnen, egal ob Android oder i-phone (gar nicht so einfach bei den unterschiedlichen Modellen): Wo finde ich was auf meinem Gerät? Welche Grundeinstellungen und Modi gibt es? Ahhh, auslösen geht auch über die Laut-Leiser-Seitentaste – ideal für Selfies. Drei Finger hinten, Daumen rechts und kleiner Finger links, so liegt das Handy fest in der Hand.
Spannend auch Marions Erklärungen zum räumlichen Sehen, das sich über die Jahrhunderte verändert hat und je nach Kulturkreis unterschiedlich ist. Nicht überall auf der Welt lesen die Menschen von links nach rechts. Auch lernen wir, wie wir den Blick auf ein Hauptmotiv lenken und warum zur Blauen Stunde das Licht besonders schön ist.
Dann zur zweiten Hälfte auf in die Praxis: Am Ballplatz üben wir, die Perspektive zu verändern. Dabei gibt es simple Tricks, wie einfach das Handy umdrehen. An der stehenden und sitzenden Bronzefigur des „Mutanten-Wächterpaars“ spielen wir mit Licht und Schatten. Ein gutes Motiv um verschiedene Bildkompositionen auszuprobieren, ist der Fastnachtsbrunnen mit seinen über 200 Figuren am Schillerplatz. Dabei ist einer von Marions Tipps für eine höhere Bildqualität: Zoomen nicht durch Ziehen, sondern über die Brennweite. Oder noch einfacher „mit den Füßen“, also näher rangehen.
Marion ist ebenfalls zertifizierte Wein-Expertin. So zieht sie abschließend den Vergleich: Was haben Wein und Fotografie gemeinsam? Die Antwort: Beide sind letztendlich Geschmackssache … und können süchtig machen. Ja, insbesondere wenn man/frau so viel aus dem Smartphone rausholen kann, wie nach dem Workshop. Weitere Termine 2024 und Infos zu dem auch exklusiv als Gruppe buchbaren Angebot Foto-Walk auf der Website von WineWalk Mainz.
Das Foto-Walk-Angebot finden Sie auch auf der Rheinhessenseite, bei den buchbaren Tagesangeboten.