Meine Tour auf dem Rheinradweg beginnt in Bingen. Wo ich sonst mit einem Glas Wein die bezaubernde Kulisse des Niederwalddenkmals und der Burgruine Ehrenfeld auf Rheingauer Seite genieße, schwinge ich mich heute auf mein Fahrrad. Mit Sonnencreme, ausreichend Wasser und ein paar Brezeln im Gepäck startet meine Tour. Das Ziel heißt Mainz.
Faszination “Inselrhein”
Von Bingen nach Mainz – fast täglich fahre ich diese Strecke in 25 Minuten mit dem Auto über die A60. Als ehemalige Mainzerin ist mir die Gegend eigentlich bekannt und doch staune ich über dieses kleine Idyll, dass mich kurz hinter der Binger Kulturufer-Promenade erwartet. Meterhohe Pappeln säumen die Auenwiesen entlang des Rheinufers und bilden zusammen mit den Inseln Rüdesheimer Aue und Mariannenaue die Naturschutzgebiete des „Inselrheins“. Ich fahre etwas langsamer, lausche dem Zwitschern der Vögel und schäme mich ein bisschen, dass ich eines der artenreichsten Gebiete Europas direkt vor meiner Haustür bislang so unbeachtet ließ.
In einer kleinen Sandbucht kurz vor Ingelheim lege ich eine Pause ein. Stand-up-Paddler, ein Kite-Surfer und jede Menge Sportboote tummeln sich auf dem Rhein. Das schlechte Image, das der zweitgrößte Fluss Deutschlands aufgrund seiner geringen Wasserqualität jahrzehntelang hatte, gehört längst der Vergangenheit an. Ich selbst tauche meine Füße in das kühle Nass und lasse noch einmal den Blick über diese herrliche Auenlandschaft schweifen, bevor ich weiter in die Pedale trete.
Zeit für ein bisschen Geschichte
Ingelheim, ungefähr auf halber Etappenstrecke, ist ebenso wie Bingen einen längeren Aufenthalt wert. Kultur und Geschichte, berühmte Persönlichkeiten und die Liebe zum Wein, die beiden Nachbarstädte haben mehr gemeinsam als nur das Rheinufer. So wie die berühmte Nonne Hildegard von Bingen die Geschichte der Stadt prägte, so tat dies Kaiser Karl der Große in Ingelheim. Seine Kaiserpfalz, die restaurierten Überreste heute malerisch eingebettet in den Stadtteil Nieder-Ingelheim, ist ein „Must see“ der Rotweinstadt. Aber auch ein Besuch der Burgkirche, die sich majestätisch über die Weinberge erhebt, lohnt sich. Wer Ingelheims Sehenswürdigkeiten erkunden möchte, muss einen etwas längeren Aufenthalt einplanen, denn das Rheinufer ist rund fünf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Es ist ein empfehlenswerter Abstecher, für den man sich aber ein paar Stunden Zeit nehmen sollte. Deswegen entscheide ich mich, dem Rheinradweg direkt zu folgen.
“Meenz” – rein ins City-Leben
Ich lasse die Ingelheimer Mole hinter mir und folge dem Rheinradweg Richtung Mainz. Vorbei an Heidenfahrt mit seinem urigen Biergarten fahre ich auf gut ausgebauten Wegen der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt entgegen. Schon ein paar Kilometer vor Mainz ändert sich die Atmosphäre. Aus der ruhigen Idylle geht es rein ins quirlige City-Leben. In „Meenz“ liebt man das Leben. Ob mit einem „Schoppe“ vor einer kleinen Weinstube oder entspannt auf einer Picknick-Decke im Winterhafen, hier lässt man es sich gut gehen.
Am Hugo-Victor-Ufer steige ich von meinem Fahrrad und freue mich, mein Rheinradweg-Etappenziel erreicht zu haben. Ich kenne und liebe Mainz, deshalb schiebe ich nun mein Rad über den Marktplatz, genieße den Blick auf den prächtigen Dom, dessen Besichtigung unbedingt zu empfehlen ist, und freue mich auf einen entspannten Tagesausklang in der Mainzer Altstadt. Morgen wartet ein neuer Fahrrad-Tag auf mich!
Mainz – Worms: Etappe zwei beginnt
Gut ausgeruht steige ich am nächsten Morgen wieder auf meinen Sattel. Tag zwei des rheinhessischen Rheinradweges führt mich heute bis in die Nibelungen-Stadt Worms. Mit rund 60 Kilometern ist die zweite Etappe deutlich länger, doch die Aussicht auf historische Weinorte, berühmte Weinlagen, alte Leinpfade und stille Rheinufer – wie es mein Radführer verspricht – lassen mich enthusiastisch in die Pedale treten.
Nackenheim und Nierstein sind die ersten Orte, die mich auf meiner Tour mit ihren Rheinpromenaden willkommen heißen. Malerische kleine Altstadtgassen, bezaubernde Fachwerkhäuser und liebevoll angelegte Winzerhöfe geben den beiden Weindörfern einen ganz besonderen Charme. Wein spielt in ganz Rheinhessen eine große Rolle und Weinberge sind allgegenwärtig, doch auf dem Rheinradweg fahre ich erst kurz hinter Mainz zum ersten Mal direkt durch sie hindurch.
Ein Ort zum Verlieben
Die Weinlage, die sich zu meiner Rechten erstreckt, ist eine der bedeutendsten weltweit: der Rote Hang in Nierstein. Roter Boden, grüne Weinberge, der Blick über den Rhein bis in den Odenwald – es ist ein Ort zum Verlieben. Wenn nicht noch ein Großteil meiner Strecke vor mir liegen würde, so würde ich schon jetzt eine Pause einlegen, über den Niersteiner Marktplatz mit seinen barocken Adelshäuern schlendern und bei einer Tasse Kaffee den Moment genießen…. Aber ich habe noch viel vor!
Der Rheinradweg hinter Oppenheim mit seiner imposanten Katharinenkirche führt weiter am Rhein entlang – mal nah an seinen bewachsenen Ufern mit kleinen Sandbuchten, mal etwas weiter entfernt auf gut befahrbaren Deichwegen. Die Weinberge sind mittlerweile großen Getreide- und Maisfeldern gewichen. Wieder offenbart sich mir ein ganz neuer landschaftlicher Reiz auf dieser abwechslungsreichen Radtour.
Vom Fluss zum See
Ein nächster Höhepunkt erwartet mich bei Eich. Die Seenlandschaft rund um den Altrheinsee gilt als eines der größten zusammenhängenden Schilfgebiete Südwestdeutschlands und ist die Heimat zahlreicher seltener Vogel- und Amphibienarten. Hier lohnt sich auf jeden Fall ein längerer Aufenthalt mit Blick durchs Fernglas. Ich entscheide mich, meine Pause am Badestrand des Altrheinsees zu verbringen, denn der Sprung ins Wasser ist jetzt die perfekte Erfrischung.
Ich habe Kraft getankt für die letzten Kilometer. Vorbei an Hamm, Ibersheim und Rheindürkheim erreiche ich schließlich auf entspannter Strecke die Wormser Rheinpromenade mit dem Hagendenkmal und der Nibelungenbrücke. Anders als Mainz kenne ich Worms nur wenig und so bin gespannt, was mich an meinem Ziel erwartet. Doch eine Besichtigung des Kaiserdoms, den Bummel durch die Altstadt, den Besuch des Jüdischen Friedhof und des Nibelungenmuseums vertage ich auf morgen, denn nach zwei Tagen Fahrradtour freue mich ich auf einen entspannten Abend mit einem Glas rheinhessischen Wein. Mein ganz persönlicher Tipp: Kolb’s Biergarten direkt am Rheinufer. Besser kann meine Radtour nicht enden!
Service-Tipps
Wenn man mit dem Rad unterwegs ist, wird zwischendurch gern mal eine Luftpumpe oder Werkzeug gebraucht, wenn eine Schraube locker sitzt. Auch die Akkus vom E-Bike wollen ab und an geladen werden. Dafür gibt es die Radservicestationen in Rheinhessen! Aber auch einige Gastgeber haben sich selbst zur Ladestation erklärt und nehmen Akkus zum Aufladen an. Alle Infos zu Radservices findet ihr hier.
Eine Antwort
Wunderschön kann man nur empfehlen. Ich bin selbst in Ingelheim am Rhein geboren . Herrliche Gegend . Der Rhein ist super schön anzusehen auch die Orte und Städte. Danke!