Die große Hiwwelüberquerung (Teil 1) – Reben, Ruinen und Radelrausch, Bikepacking in Rheinhessen

Inhaltsverzeichnis

Vom Rhein an den Rhein? Ich kenne da eine spannende „Abkürzung“! Statt auf dem beliebten Fernradweg am großen Strom will ich auf meiner Rheinhessen-Durchquerung quer über alle Hiwwel radeln, die zwischen Nierstein und Bingen liegen. Dabei werde ich zwar keine Pässe wie auf der Transalp bezwingen, doch Fahrtwind, Kletterpartien und Genuss verspricht dieses kleine Abenteuer genauso.
Ich bin zwei Tage unterwegs mit Gepäck und Übernachtung und will euch ausführlich berichten, daher gibt es Teil 1 und Teil 2 meines Tourberichts. Die Tourlinks und die Beschreibung der jeweils anderen Etappe findet ihr am Ende des Beitrags.

Zum Bikepacking nach Rheinhessen?!

Nichts schürt bei mir mehr Vorfreude, als die Bikepacking-Taschen ans Rad zu schnallen. Hinter mir liegt eine lange Arbeitswoche, umso mehr freue ich mich auf die Auszeit im Grünen. Was mich in den nächsten Tagen erwartet? 90 Kilometer, vier Hiwwel und jede Menge Hingucker mit Weitsicht.

Bikepacking, das bedeutet längere Radtouren zu fahren mit leichtem Gepäck, welches direkt am Rad befestigt wird – anstatt der sperrigen Packtaschen. So rüttelt es bei Schotterpassagen weniger und man fühlt sich mindestens doppelt so schnell. 😉 Auch wenn jeder das Erlebnis (und die Streckenlänge) unterschiedlich definiert: Im Mittelpunkt steht das Entdecken, Natur und Freiheit spüren. Dass man dafür nicht in die weite Welt zu reisen braucht, wird mir spätestens klar, als ich spätnachmittags mit Rückenwind über das Flonheimer Plateau düse. Wolken, ein Rotmilan, wogende Kornfelder – genau die Weite, nach der ich mich gesehnt habe.

Von Reben, Ruinen und Radelrausch

Doch von Anfang an: Am belebten Rheinufer in Nierstein schwinge ich mich nach einem leckeren Stück Kuchen (Energievorschuss!) in den Sattel. Über einen Abstecher zum malerischen Marktplatz mit dem Paläontologischen Museum verfliegen die ersten Kilometer auf dem Radweg Richtung Westen förmlich, als würde mich das “Valentinche” ziehen. So hieß die Zuckerrübenbahn, deren Trasse heute als Radweg Rhein und Selztal miteinander verbindet.

Hiwwelpacking Mit dem Rad über die rheinhessischen Hügel
Auf geht’s: Aufbruch am Rheinufer

Vorbei an Dexheim, Dalheim und Friesenheim kommt am Horizont ein stattlicher Hiwwel in Sicht. Der Petersberg, ein Prachtexemplar rheinhessischer Hügellandschaft! Ich verlasse das Selztal himmelwärts – auf dem knackigen Anstieg quer durch die Reben kommen schnell einige Höhenmeter zusammen. Umso endloser scheint das Panorama, das heute vom Pfälzer Donnersberg bis zum Großen Feldberg in Hessen reicht. Der Petersberg selbst ist ein geschichtsträchtiges Fleckchen: Auf seinem Gipfel bei 246m kann man noch die Überreste einer Basilika aus dem 10. Jahrhundert entdecken, wie die informative Hinweistafel erläutert.

Auf den Petersberg: Eine Kletter- und Entdeckertour mit Weitblick

Hiwwelpacking Mit dem Rad über die rheinhessischen Hügel
Die Überreste einer Basilika aus dem 10. Jahrhundert

Nun ist es höchste Zeit für eine Erfrischung. Rasant geht es abwärts zur Eisdiele in Gau-Odernheim, wo ein Eiskaffee den Energiespeicher fix wieder auffüllt. Weiter gen Südwesten folge ich dem Selztal bis nach Alzey. Am Weg lockt die ein oder andere Weinstube mit Leckereien, doch ein Hiwwel steht heute noch auf dem Programm.

Durch das Urmeer

Von Heimersheim aufs Flonheimer Plateau ist es eine ordentliche Kletterpartie.  Und dennoch, als sich der Blick öffnet und die goldgelben Kornfelder und sanfte Hügel bis zum Horizont freigibt, erfasst mich die Euphorie, die pure Freude am Radeln und Reisen. Die Hektik des Alltags meilenweit entfernt, nur eifriges Vogelgezwitscher ertönt aus den Feldern. Und das Beste kommt erst noch: die schwungvolle Abfahrt nach Flonheim, vorbei am gut besuchten Naturfreundehaus und dem Schausteinbruch, den ich vor lauter Flow links liegen lasse. Der rote Sandstein, der hier abgebaut wurde, und Fossilienfunde zeugen von einer fernen Vergangenheit, als dieser Landstrich noch von einem tropischen Urmeer bedeckt war.

Nach fast fünf Kilometern bergab weckt ein weißer Fleck zwischen den Weinstöcken meine Neugier. Etwas versteckt im Hang der Geistermühle finde ich einen der Flonheimer Trulli. Im 18. Jahrhundert von apulischen Gastarbeitern errichtet, um Schatten während der Weinbergsarbeit zu spenden, sind dieser und weitere der weißen Türmchen inzwischen ein rheinhessisches Markenzeichen geworden.

Trullo auf dem Adelberg in Flonheim

Weinberge mit Fernsicht und die Ruine der Beller Kirche

Ein Bett im Weinberg

Die letzten Kilometer bis nach Siefersheim rollt es, vorbei an der mysteriösen Beller Kirchenruine (mehr dazu in diesem Blogartikel), entspannt auf feinstem Asphalt. In Siefersheim wartet meine Gastgeberin Alex Seyberth schon mit einer ganz besonderen Unterkunft am Weingut Seyberth. Zum Bikepacking gehört eine Nacht in der Natur unbedingt dazu. Aber wer hat gesagt, dass es im Zelt sein muss? Das Zirbenholzchalet empfängt mich tatsächlich mit einem Duft wie im Wald – und das im doch eher spärlich bewaldeten Rheinhessen! Zelt und Isomatte tausche ich gern jederzeit gegen diese himmlische Matratze und strahlend weiße Wäsche mit Blick in die Weingärten. In jedem Detail wird die Zeit und Liebe deutlich, mit der die Familie Seyberth ihren historischen Hof in eine Oase der Gemütlichkeit verwandelt hat. Beim nächsten Mal möchte ich auch gern die Weinprobe aus ökologisch-biodynamischen Anbau mitmachen.

Abends unternehme ich noch einen kurzen Abstecher zur urigen Junkermühle, wo mich traditionell-deftige Kost erwartet. Schließlich stehen morgen noch einige Hiwwel und Kilometer bis zum Rhein an. Welche Überraschungen mich in der rheinhessischen Schweiz erwarten, lest ihr in der Fortsetzung: Die große Hiwwelüberquerung (Teil 2) – Vom Stein zum Rhein, Bikepacking in Rheinhessen.

Den Tourverlauf findet ihr auf Outdooractive und Komoot.

Herzlicher Empfang an der Rezeption
Herzlicher Empfang an der Rezeption
Rheinhessischer Charme im Hof
Rheinhessischer Charme im Hof
Urig und stilvoll
Urig und stilvoll
Schlafen im Blockhaus
Schlafen im Blockhaus

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Mit dem Fahrrad schöne Ecken zu entdecken ist meine Leidenschaft. In Rheinhessen begeistern mich besonders Radtouren über die Hiwwel, die ich gern sportlich angehe. Zeit für einen Panoramablick muss dabei natürlich immer sein.

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