Wir sind den spannendsten Spuren vom Zentrum, durch die Altstadt, auf den Stefansberg bis in die Neustadt gefolgt – stets begleitet von spannenden Persönlichkeiten wie Johannes Gutenberg oder Marc Chagall.
Im Mainzer Dom
Mitten im Herzen von Mainz, am quirligen Marktplatz, beginnen wir unseren Spaziergang durch die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt. Unser Blick fällt sofort auf das imposante Wahrzeichen aus rotem Sandstein, das über dem bunten Treiben zu seinen Füßen wacht.
Der Mainzer Dom St. Martin prägt diese Stadt seit seiner Grundsteinlegung im 10. Jahrhundert und hat so einiges miterlebt: Sieben Königskrönungen etwa, aber auch sieben Brände.
Wir treten durch das Portal und mit einem Mal erlischt das Stimmgewirr des Marktplatzes. Der Mainzer Dom ist eine Oase der Ruhe. Wir wandeln durch den großen Innenraum der Kirche, die nach dem Vorbild der Basilika St. Peter in Rom geschaffen wurde.
Sehenswert ist auch der zweigeschossige Kreuzgang aus dem 15. Jahrhundert mit seinem idyllischen Garten. In den angrenzenden Gebäuden, die heute das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum beherbergen, lebten früher die Domherren.
Im Gutenberg-Museum
Wir schlendern wenige Meter weiter zum Liebfrauenplatz und stehen unmittelbar vor der herrlichen Fassade des Gutenberg-Museums. Wer sich für Mainzer Geschichte und Identität interessiert, kommt an einem Herrn nicht vorbei: Johannes Gutenberg. Der Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen Lettern ist der bedeutendste Sohn der Stadt und deshalb ist es wenig verwunderlich, dass ihm und seinem Jahrtausendvermächtnis ein eigenes Museum gewidmet ist.
In der sorgfältig kuratierten Ausstellung tauchen wir in die Welt der Schriftkultur ein. Wir betrachten seltene Druckerpressen und lernen, dass Johannes Gutenberg – anders als stets dargestellt – wohl gar keinen Bart trug. Wir freuen uns ganz besonders, zwei originale Gutenberg-Bibeln aus dem 15. Jahrhundert sehen zu können, die aufgrund ihrer Lichtempfindlichkeit in einem abgedunkelten, begehbaren Tresorraum präsentiert sind.
Angefixt vom neu erlernten Wissen über Arbeitsschritte und Drucktechniken wollen wir selbst ans Werk schreiten. Und wo wären wir da besser aufgehoben als im museumseigenen Druckladen? Schon beim Betreten spürt man die Kreativität dieses Ortes. Von den Decken hängen fertige Drucke, es riecht nach Farbe und die Regale biegen sich unter Werkzeugen, Lettern und Papier. Eine tolle Atmosphäre!
Unter fachkundiger Anleitung fertigen wir unseren ganz eigenen Druck an. Die Motivauswahl ist schier unendlich, wir haben uns aber für ein Gutenberg-Bildnis (übrigens mit Bart) entschieden. Somit halten wir ein echtes Stück Mainzer Stadtgeschichte in den Händen.
Entlang der Augustinerstraße
Der Stadtspaziergang führt uns weiter in Richtung Augustinerstraße. Mit ihren historischen Fachwerkhäusern, den kleinen Boutiquen, Cafés und Weinstuben ist sie ein echtes Juwel in der Mainzer Altstadt. Daran hat sich seit dem Mittelalter nicht viel geändert, denn auch damals schon pulsierte hier das Leben.
Der Kirschgarten ist ein kleiner, pittoresker Platz, der an die Augustinerstraße grenzt. Hier begegnen wir Johannes Gutenberg wieder, wenn auch indirekt. Das um 1500 erbaute „Haus Zum Aschaffenberg“ ist das älteste noch erhaltene Fachwerkhaus der Stadt und diente einst als Bürgschaft für einen Kredit, den ein Verwandter für den Buchdrucker und seine Bestrebungen aufnahm.
So gänzlich anders als der vergleichsweise schlichte Mainzer Dom präsentiert sich die Augustinerkirche. In der Barockkirche aus dem 18. Jahrhundert steht unverkennbar detailverliebte Opulenz im Vordergrund. Im beeindruckenden Kirchenraum lassen wir Deckengemälde, Holzfiguren und jede Menge Gold auf uns wirken. Die damalige Absicht des Kurfürsten, bloß keine „Bauernkirche“ zu errichten, ist gelungen, würden wir sagen.
In St. Stephan
Jetzt geht’s aufwärts! Auf dem Stefansberg, der höchsten Erhebung der Stadt, steht die gotische Pfarrkirche St. Stephan. Wieder tauchen wir in ein weiteres Kapitel der Mainzer Stadtgeschichte ein, eines das weniger lange zurückliegt. Wie so viele historische Gebäude wurde St. Stephan im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Im Zuge der aufwendigen Restaurierung wurde in den 1970er Jahren ein starkes Zeichen gesetzt.
Auf Bestreben des damaligen Pfarrers hin, wurde in der Kirche ein Denkmal deutsch-französischer Freundschaft sowie christlich-jüdischer Verbundenheit erschaffen. Der weltberühmte jüdische Künstler Marc Chagall gestaltete insgesamt neun Kirchenfenster, die den Innenraum seitdem in ein romantisches blaues Licht tauchen. Es sind die einzigen Fenster, die er je für eine deutsche Kirche schuf.
Etwas unterhalb von St. Stephan, mitten in einer grünen Oase, finden wir eine Bank und genießen die kleine Pause. Es summt und brummt, die Insekten sind hier so geschäftig wie zuvor die Menschen auf dem Marktplatz.
An der Ruine St. Christoph
Wir lassen den Stefansberg hinter uns und spazieren über den Gutenbergplatz mit dem berühmten Gutenbergdenkmal in Richtung Mainzer Neustadt. Dabei passieren wir den Karmeliterplatz und damit die Ruine der frühgotischen Pfarrkirche St. Christoph.
Auch diese Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, anders als St. Stephan aber nicht wiederaufgebaut. In den 1960er Jahren baute man St. Christoph stattdessen zum Mahnmal um. Es erinnert seitdem an die Schrecken des Nationalsozialismus und die Zerstörung der Stadt bis zum Kriegsende.
Doch auch einen alten Bekannten treffen wir hier wieder an. Es wird vermutet, dass Johannes Gutenberg in dieser Kirche getauft wurde. Sein Geburtshaus, das heute nicht mehr existiert, stand in unmittelbarer Nähe. Der Verdacht liegt nahe.
Vor der Synagoge
Eines der bewegtesten Kapitel der Mainzer Stadtgeschichte ist das der jüdischen Gemeinde. Sie zählt zu den ältesten in ganz Deutschland, die frühesten Spuren führen bis ins 10. Jahrhundert zurück.
Im Herzen der Neustadt stehen wir vor der wahrlich beeindruckenden neuen Synagoge, die genau dort erbaut und 2010 eingeweiht wurde, wo die alte Hauptsynagoge in der Pogromnacht 1938 geplündert und zerstört wurde.
Ihre Architektur ist faszinierend. Die außergewöhnliche Form des Gotteshauses symbolisiert hebräische Buchstaben des jüdisch-liturgischen Segens „Keduscha“. Auf dem Vorplatz schreiten wir durch einen Säulenbogen. Dieses einzig erhaltene Element der alten Synagoge bildet einen starken Kontrast, aber auch eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Im Kurfürstlichen Schloss
Unser Spaziergang auf den Spuren der Mainzer Stadtgeschichte endet vor dem Kurfürstlichen Schloss. Es zählt zu den schönsten Renaissancegebäuden Europas und macht mit seiner sandsteinroten Farbe und der schmucken Fassade einen prächtigen Eindruck! Früher residierten hier die Mainzer Erzbischöfe, die in dieser Funktion gleichzeitig Kurfürsten waren.
Heute findet hier jedes Jahr die Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ statt. Auch ein Stück Mainzer Stadtgeschichte, das nicht mehr wegzudenken ist.