Närrisch unterwegs mit der Kultur- und Weinbotschafterin und Stadtführerin Cornelia Bärsch-Kämmerer
Welchen Bauchumfang musste eigentlich ein Ranzengardist haben und wie schwer ist ein Schwellkopp? Wenn Ihr neugierig auf die Antwort seid, begleitet mich auf die Fastnachtsführung mit der Kultur- und Weinbotschafterin Cornelia Bärsch-Kämmerer und erkundet geschichtliche und amüsante Hintergründe der fünften Jahreszeit in der rheinhessischen Fastnachtshochburg am Rhein. Übrigens: Fastnachtliche Garderobe ist erlaubt, mitschunkeln und mitsingen ebenfalls. Jetzt tauchen wir gemeinsam ein in die Meenzer Fassenacht und freie uns an der närrischen Zeit…
Kappen, Schwellköpp und Kokolores
Los geht unsere Erkundungstour beim Klepperbub am Fastnachtsmuseum, das im großen Mainzer Proviantmagazin beheimatet ist. Dieses stammt aus der Zeit, als Mainz Bundesfestung war und die Preußen und Österreicher hier das Sagen hatten. Welcher Ort könnte besser als dieser zum Fastnachtsmuseum passen, denn die ganze Fassenacht beruht auf einer Persiflage auf die Besatzer: der Preußen, der Österreicher und der Franzosen. Im Untergeschoss ist das ehrenamtlich organisierte Museum beheimatet und für Besucher Di-So von 11-17 Uhr geöffnet.
Cornelia Bärsch-Kämmerer entführt uns mit musikalischer Begleitung direkt in den Schunkelmodus der närrischen Welt. Es gibt hier viel zu bestaunen: Narrenkappen aus allen Zeitepochen, Uniformen der verschiedenen Garden, ein Schachspiel mit Gardenfiguren, Schwellköpp – sogar zum Probetragen. Das alte Klavier von Toni Hämmerle und die Kultgegenstände von Ernst Neger und Margit Sponheimer komplettieren die Sammlung.
Hunderte von Orden und Zugplaketten der letzten 120 Rosenmontagsumzüge (seit 1837) zieren die Vitrinen und sind so bunt und vielfältig wie die Fassenacht selbst. Eine Hommage an die uns wohlbekannten Fastnachtsgrößen der Mainzer Fastnacht. Eine Abteilung des Museums ist der jährlich wechselnden Sonderausstellung einer Mainzer Garde gewidmet. Die Vitrine wird vom jeweiligen Mainzer Karnevalverein mit Besonderheiten ihrer Garde ausgestattet wie z.B. der Gardenuniform. Natürlich darf ein Konterfei der Kinderprinzessin des Kindermaskenballs an dieser Stelle nicht fehlen.
Wer wissen möchte, was es mit Kostümverkleidungen aus Papier auf sich hat – die Fastnachtsspezialistin lüftet für uns das Geheimnis und wir tauchen in die alten Bräuche der fünften Jahreszeit ein. Wir erfahren interessantes über die Geschichte der Schwellköpp und können diese sogar Probetragen. Die überdimensionierten Papiermaché-Köpfe (heute aus Kunststoff) tragen die Namen wie Babett, Butze, Fett Muck, Hannebambel oder Goldisch Grott, sie symbolisieren typische Mainzer Charaktere. Es gäbe noch viel zu erzählen und immer wieder fällt der Kultur- und Weinbotschafterin Cornelia Bärsch-Kämmerer eine neue Anekdote ein.
Nun kommt der Höhepunkt im Museum: Conny geht in die Bütt, die für den politisch-literarischen Vortrag und den „Meenzer Kokolores“ steht! Nicht nur die Augen der Eule leuchten, nein: man merkt direkt – hier fühlt sie sich wohl. Wir genießen ihre Büttenrede unter musikalischer Begleitung ihres Mannes. Jetzt sind wir so richtig in der Kampagne angekommen. Die ausgelassene Stimmung springt auf alle Teilnehmer über und der Applaus ist riesig. Jetzt ist Mitschunkeln und Mitsingen erwünscht.
Von Aschermittwoch bis Zugplakettsche – närrische Sitten in Meenz
Für Messfremde besteht bei so manchen Begriffen aus dem fastnachtlichen Jargon Erklärungsbedarf.
Alle Fragen finden bei der Führung eine Antwort. Zum Beispiel „A“ wie Aschermittwoch: „Am Aschermittwoch, ist alles vorbei…“, wie es im Fastnachtsschlager heißt. Am Aschermittwochsgottesdienst im Dom wird den Gläubigen das Aschekreuz auf die Stirn gezeichnet. Es erinnert an die Vergänglichkeit. Der Aschermittwoch eröffnet die Österliche Bußzeit, den Beginn der sogenannten Fastenzeit. Und „Z“ wie Zugplakettsche: Ab dem 11.11. jeden Jahres beginnt der Verkauf einer jährlich wechselnden Figur aus der Mainzer Fastnacht. Ein alter Brauch, der seinen Ursprung in der Nachkriegszeit hat. Mit dem Verkauf wird der Rosenmontagszug finanziert. Das Plakettche ist als Eintrittskarte zur Straßenfastnacht zu verstehen und wird stolz von den Narren um den Hals getragen und gesammelt.
Den Narren auf der Spur beim Stadtrundgang
Nun geht’s weiter in die Stadt: Zuerst etwas Werbung für das benachbarte Deutsche Kabarettarchiv mit Kleinkunstbühne und dem „Walk of Fame des Kabaretts“ – das muss sein. Nur wenige Meter weiter treffen wir den Schoppestecher auf der Schillerstraße. Die Figur verkörpert die Zechfreudigkeit und Lebensfreude der echten Meenzer (Mainzer); in seiner Hand hält er die zylindrische „Mainzer Stange“ – das Schoppeglas.
Von hier aus sehen wir schon am Ende der Schillerstraße das bekannteste Mainzer Denkmal, den Fastnachtsbrunnen aus den 60er Jahren. Hier tummeln sich einige Gruppen und tauchen ein in die Vielzahl der Geschichten, die sich um den Fastnachtsbrunnen reigen.
Warum wohl der Paragraphenreiter falsch herum auf dem Esel reitet und sein Blick auf das Innenministerium gerichtet ist?
Oder warum der kleine Mann mit dem geöffneten Portemonnaie am Fuße des Brunnens sitzt? Die drei Gänse sind eine Hommage auf ein Mainzer Fastnachtsschlager, den wohl jeder Meenzer kennt. Aber was bedeutet wohl die Katze, die am Brunnen entlangschleicht? Das werde ich hier nicht verraten, diese Geheimnisse wird uns die Fastnachtsspezialistin vor Ort verraten…
Beim Rundgang durch die Landeshauptstadt entdecken wir den Gardetrommler, den Bajazz und den Ranzengardisten. Überall in der Fastnachtshochburg begegnen wir dem närrischen Treiben, auch außerhalb der Kampagne. So klackert auch das Glöckchen in der Narrenkappe an der Heunensäule am Domplatz das ganze Jahr über lustig vor sich hin.
Die Zeit vergeht wie im Flug, wenn wir spannenden Geschichten lauschen. Der richtige Zeitpunkt für den gemütlichen Abschluss in historischer Atmosphäre und gardistischen Beistand – lasst euch überraschen und seid bei der nächsten Führung mit von der Partie, wenn es wieder heißt „Mir freie uns“ Fassenacht – auch für Messfremde.
Viel Spaß und ein dreifach Donnerndes: HELAU – HELAU – HELAU!!!
Alle Jahre wieder – hier sind schon die nächsten Termine für 2025
(nur mit vorheriger Anmeldung über https://www.stadtfuehrer-mainz.de ):
- Mittwoch: 19. Februar 2025, 17 Uhr
- Samstag: 22. Februar 2025, 15 Uhr
- Mittwoch: 26. Februar 2025, 17 Uhr
Zusatztermine sind auf Anfrage für Gruppen möglich!
Tipps für die närrischen Tage
Am bekanntesten ist wohl der Mainzer Rosenmontagszug, hier ist der Feierlaune keine Grenze gesetzt.
Wer es nicht ganz so trubelig mag, der kann schon sonntags nach der Parade der närrischen Garden die Motivwagen an der LU (Ludwigstraße in Mainz) bewundern.
Auch ist die Fastnachtsposse des MCV „Alles dreht sich oder: Leben, Liebe, Stress uff de Määenzer Mess“ – im Staatstheater Mainz eine besondere Art in die närrische Welt einzutauchen.