Naturerlebnis rund um den Altrhein-Erlebnispfad

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Wander-Warm-up – die erste Frühjahrstour im „Rheinhessischen Seenland“

Ganz ohne einen Hiwwel zu erklimmen, geht es heute durch ein Schutzgebiet für Pflanzen und Tiere in Rheinhessen – wir erkunden auf dem Altrheinerlebnispfad, einer ca. 6,1 km langen Rundwanderung, einen Teil des 667 ha großen Natura 2000-Gebietes „Eich-Gimbsheimer Altrhein“. Ein kleines Naturjuwel, das einst dem Kies- und Sandabbau diente und heute beliebter Rastplatz für ziehende Vögel und Brutgebiet für so manches Federvieh ist. Taucht mit mir ein, in eine Natur-Erlebniswanderung durch das Schutzgebiet, wie es einmalig in Rheinhessen ist.

Ausreichend Parkmöglichkeiten finden wir direkt neben dem Feuerwehrgerätehaus in Eich, hier starten wir unsere Tour. Ob mit geländegängigem Kinderwagen, Laufrad oder als Wanderprofi: Die Strecke ist für jede Altersklasse geeignet und ein idealer Einstieg in die Wandersaison. 2,5 – 3 Stunden solltet ihr für das Naturerlebnis einplanen. Das Highlight der Wanderung liegt nicht im Erklimmen der rheinhessischen Hügel, sondern im Erkunden von Flora und Fauna, deren Heimat das Altrheingebiet ist.

 

Blick durch die Beobachtungshütte in das Schilfröhricht

Gleich zu Beginn der Wanderung gewährt uns die Aussicht durch die hochklappbaren Holzfenster der Beobachtungshütte nördlich des Feuerwehrgerätehauses einen Einblick direkt in die Kinderstube zahlreicher Vögel. Wer geduldig wartet, kann hier Schilfrohrsänger, Rohrweihe, Wasserralle, Blaukehlchen, aber auch seltene Libellenarten wie die gefleckte Smaragdlibelle entdecken oder dem Gesang der gefiederten Bewohner lauschen. Es lohnt sich, mit einem Fernglas und einem Foto mit langer Brennweite bei diesem Naturerlebnis ausgestattet zu sein. Fotomotive gibt es reichlich – Geduld wird belohnt.

Interessierte Wanderer können sich über die hier beheimateten Vogelarten auf den Informationstafeln in der Hütte informieren.

Ich wage einen Blick durch die Luke, vor mir präsentiert sich der brütende Höckerschwan, der auf der kleinen Brutinsel auf dem Nest bereits seine Eier ausbrütet. In wenigen Wochen wird er hier mit seinem Nachwuchs durch das Schilf schwimmen und mit den Küken nach Algen, Würmern, Wasserpflanzen und Muscheln gründeln.

Nun starten wir: Der Weg führt uns über den alten Bahndamm, dann rechts abbiegend entlang von Gartenfeldern und Pferdekoppeln. Vorbei am „Gänsegraben“, der Heimat von Eisvogel, Stock- und Reiherenten, Zwergtaucher und Libellen ist; nun gelangen wir über einen Grasweg zum „südlichen Altrheinsee“.

Eisvogel (c) P. jr. Britz

Die ersten Schilder erklären die Lebensgewohnheiten der gefiederten Bewohner dieses wunderschönen, naturnahen Lebensraums. Aus allen Richtungen ist fröhliches Gezwitscher zu hören, welche ich mit einer Vogelbestimmungs-App schnell bestimmen kann. An den Bäumen sind die unterschiedlichsten Nisthilfen angebracht, um die Vogelpopulation zu unterstützen.

Ganz zufällig richte ich meinen Blick in die Höhe: Ein Storchenpaar baut eifrig an seinem neuen Nest hoch oben auf einem abgestorbenen Weidestamm. Jetzt haben sie mich auch entdeckt, wildes Geklapper der beiden signalisiert mir eindeutig: Hier ist schon belegt! Aber keine Angst, das wäre mir eh viel zu hoch 😉.

Erläuterungen zur Vogelwelt

Im Frühjahr, wenn die Sträucher noch nicht dicht gewachsen sind, erkennt man in regelmäßigen Abständen die Anglerstege, die sehr individuell gestaltet sind und das typische Bild der Route symbolisieren. Man muss einfach den Pfaden neugierig folgen, um zu sehen, mit welch Einfallsreichtum die kleinen Stege in den See ragen und den idyllischen Blick über das Wasser genießen.

Anglersteg

Der sandige Boden, der an Urlaub erinnert, ist nicht oft zu entdecken in Rheinhessen. Aber hier im Altrheingebiet, in der die Kies- und Sandförderung zu Hause ist, ist er ganz typisch.

Der idyllische Naturweg führt mich auf einem Damm entlang, zur Linken der Altrheinsee und zur Rechten der Seegraben, in dem eine Schar Laufenten in Reih und Glied den kleinen Flussarm entlang schippern. Das Blässhuhn flüchtet sich in das angrenzende Schilfgebiet, um dort ungestört weiter auf Futtersuche zu gehen. Mit etwas Glück können wir in einem Tümpel die Wasserschildkröten beim Sonnen beobachten, die begehrten Plätze auf dem Ast sind allerdings schnell belegt.

Wasserschildkröten (c) P. jr. Britz

Eintauchen in die Natur – die Stille genießen

Der Weg verläuft durch bewaldetes Gebiet, was leider einige Sturmschäden zu verzeichnen hat. Der Blick auf das Wasser ist fast immer möglich und gibt den Blick frei für die jahreszeitlich wechselnden Gäste. Ein Purpurreiher wartet auf seine vorbeischwimmende Mahlzeit und die Schafsstelze schnappt sich eine leckere Libelle zum Mahl. Von irgendwoher hört man das Hämmern des Buntspechts, der eifrig an seiner neuen Bruthöhle zimmert, über den See schwimmt majestätisch ein Schwan und der Haubentaucher ist auf Fischjagd in der morgendlichen Sonne.

Die Flora steht mit ihrem frischen Grün in den Startlöchern, genauso wie die Vogelwelt, die sich auf Nachwuchs vorbereitet.

Zeit, um den Gedanken nachzuhängen, der Blick auf das Wasser eröffnet oft neue Perspektiven. Gerade im Frühjahr ein guter Zeitpunkt, um sich auf Veränderung einzulassen.

Nun verlassen wir das bewaldete Gebiet über eine Brücke, die uns auf einen Wirtschaftsweg führt. Hinter den Büschen ist der See weiterhin in Sichtweite, zur Rechten liegen Felder und im Hintergrund sind die Erhebungen des Odenwaldes bei guter Sicht zu erkennen.

Nach kurzer Zeit erreichen wir über eine weitere Brücke den Gerhard-Kiefer-Platz (ehem. VG-Bürgermeister Eich und Initiator des Altrhein-Erlebnispfades), an dem die zweite NABU-Beobachtungshütte errichtet ist.

Auch von hier gewinnt man einen einmaligen Eindruck in die hier lebende, brütende und rastende Vogelwelt. (Fernglas empfohlen) Häufig anzutreffen sind Haubentaucher, Blesshühner, Grau- und Kanadagänse, Reiherenten und Zwergtaucher.

Aber auch Singvögel wie Pirol und Nachtigall oder Kuckuck und Spechtarten werden hier regelmäßig gesichtet. Zug- als auch Standvögel fühlen sich hier wohl – der See ist immer gut besucht.

Aussicht über See und Meerwasser bis hin zum Odenwald

Durch die Rheinbegradigung ist dieses bedeutende Naturschutzgebiet entstanden und genießt den höchsten Schutzstatus in Deutschland und der EU. Auf fünf Informationstafeln erfahren wir, welch besondere Tier- und Pflanzenwelt hier beheimatet ist. Was hat es mit dem „Meerwasser“ hier auf sich oder wie sieht ein „Kammmolch“ aus?

Interessierte Wanderer finden ausgiebige Informationen entlang der aussichtsreichen Wanderung.

Aussicht ist ein gutes Stichwort: Ungefähr auf halber Strecke des Erlebnispfads ist ein Beobachtungsturm erbaut. Wer diesen erklimmt, hat einen sensationellen Blick über die ca. 65 ha große Wasserfläche des zentralen Altrheinsees und die ca. 20 ha große Schilfröhricht- und Auwald Fläche „Mausmeer“. In der Ferne sind der Rheinverlauf und die Erhebungen des Odenwaldes zu erkennen.

Auf dem Weg zum Badestrand

Entlang des nördlichen Seeufers ist das Ufer wieder einsehbarer und einige Stege warten auch hier auf die Angler. Am Ufer finden wir Vorkommen von Glanz-Wolfsmilch, Binsenscheide aber auch gelbe Lilien und Huflattich säumen die abwechslungsreiche Wegeführung.

Im Frühjahr erblühen die Weiden entlang des Ufers und bieten mit ihren flauschigen Kätzchen als besonders pollen- und nektarreiche Pflanze eine wichtige Nahrungsgrundlage für Bienen. Die erfolgreiche Anzucht eines starken Bienenvolkes ist die Grundvoraussetzung für die Befruchtung der Obstbäume und somit existenziell für die Obsternte.

Weidenkätzchen

Auf dem See erblüht im Frühjahr die unter Naturschutz stehende goldgelb blühende Teichrose und bildet große Teppiche in schattigen Bereichen des Sees.

Die gelbe Teichseerose

Wo Wasser ist, gibt es meist auch Libellen: die Große Heidelibelle,  die gefleckte Smaragdlibelle und noch viele weitere Arten fühlen sich hier heimisch.
Einen echten Klimagewinner konnte ich in einer Brombeerblüte entdecken: Der ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammende Trauer-Rosenkäfer fühlt sich in unserer milden rheinhessischen Landschaft mittlerweile zunehmend wohl.

In den Abendstunden aktiv

Aber der Altrheinsee ist auch für sehr scheue Artgenossen ein Zuhause. Unschwer zu erkennen: hier fühlen sich ein – oder vielleicht sogar mehrere Biber wohl. Seine unverkennbaren Spuren am Uferbereich lassen auf eine Ansiedlung schließen.

Aber auch der Fuchs kommt aus seinem Versteck hervor und beäugt interessiert die Tierwelt am See.

Das Beste kommt zum Schluss…

Das besondere Highlight an warmen Sommertagen ist der Sprung ins kühle Nass als Belohnung für die Wanderstrecke. Unsere Route führt direkt am neu gestalteten Badebereich mit Liegewiese, Spielmöglichkeit, sanitären Anlagen und einer Strandbar (Mai – September von 11:00 bis 19:00 Uhr) vorbei. Eine willkommene Belohnung für müde Wanderer – am Ende noch eine entspannte Auszeit einzuplanen. Natürlich kann auch von hier die Wanderung gestartet werden, denn hier befinden sich ausreichend (kostenpflichtige) Parkplätze für die Seebesucher.

Hinweis der VG-Eich:

Der dreigeteilte See ist durch die Förderung von Kies und Sand entstanden. Er wird überwiegend von Grundwasser und geringfügig durch Oberflächenwasser aus dem umgebenden Gebiet gespeist. Heute findet am Gewässer keine Kiesförderung mehr statt. Allerdings kann das Verlassen des Uferbereiches wegen der großen Gewässertiefe mit steil abfallenden Ufern trotzdem gefährlich werden und ist nur für geübte Schwimmer geeignet. An eine schmale Flachwasserzone schließt sich unmittelbar die Tiefwasserzone an. Das Baden ist kostenfrei und erfolgt auf eigene Gefahr. Eine Überwachung durch die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) findet nicht statt. Die Wasserqualität wird regelmäßig überprüft.

Das letzte Wegstück führt uns über den ehemaligen Bahndamm entlang von Schilfröhricht und Flachwasserflächen des Altrheins. Geduldige Beobachter erhaschen einen Blick auf die beeindruckenden Balzflüge der Rohrweihe. Auf diesem Wegabschnitt lassen sich zwischen den Steinen viele Zauneidechsen, aber auch Ringelnattern und Blindschleichen entdecken.

Aus aktuellem Anlass aufgrund der Schweinepest ist leider derzeit dieser letzte Wegabschnitt gesperrt. Der alternative Wegeverlauf ist parallel zur Straße und führt direkt in Richtung Ausgangspunkt zurück.

Sportlich zum Abschluss

Zurück am Parkplatz wartet ein neu installierter Fitness Parkour auf motivierte Sportler. Wer noch Energie hat, kann die frei zugänglichen Geräte zu einer kleinen Fitnesseinheit als Abschluss dieser beeindruckenden Tour rund um den Altrheinsee nutzen.

Wandertipp: Nach einigen Regentagen ist es besonders wichtig wasserdichtes Schuhwerk zu tragen. Bei sommerlichen Temperaturen empfiehlt sich Mücken- und Sonnenschutz.

Wandern macht hungrig: Mitgebrachter Proviant lässt sich bei einer wohlverdienten Pause auf den Bänken rund um den See genießen. Eine Einkehr ist auf dem Weg nicht vorhanden, am Badestrand sind Snacks und gekühlte Getränke in den Sommermonaten zu erwerben.

Viel Spaß auf der Genusstour für Pflanzen- und Vogelbegeisterte!

2 Antworten

  1. Wow das sieht ja sehr toll aus! Schöner Artikel 😍 das nächste Mal wenn ich dort unterwegs bin, nehme ich auch meine Kamera mit.

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Verfasst von:

Schon immer in Rheinhessen lebend, kenne ich noch lange nicht alle Ecken meiner geliebten Heimat. Ich freue mich, wenn Ihr mich zukünftig bei meinen Neuentdeckungen begleitet.

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