Tour de Worms – Hiwwelige Radtour im Wonnegau

Inhaltsverzeichnis

Mit dem E-Bike unterwegs

Die tausend Hiwwel Rheinhessens haben meine Begeisterung fürs E-Bike geweckt. Lange dachte ich, es könne jemand denken, ich bin zu schwach, um die Strecke mit einem normalen Fahrrad zu schaffen, wenn ich mich auf ein E-Bike setze. Das wäre ja noch schöner! Aber dann habe ich es doch einmal ausprobiert und festgestellt, dass sich ohne Pedalentreten auch beim E-Bike nicht viel bewegt und ich es in der Hand habe, wie viel Unterstützung ich wünsche. Bei einigen der Radtouren durch Rheinhessen habe ich es lieben gelernt, denn in der hügeligen Landschaft wird die Strecke zum Genuss und kein Anstieg oder Gegenwind entscheidet mehr darüber, ob man den einen oder anderen Abstecher machen möchte oder nicht. Im Zweifelsfall löst der Power-Gang das Problem.

Das Reizvolle an den vielen Themenradwegen in Rheinhessen ist, dass sie sich in vielen Varianten zu neuen Routen kombinieren lassen. Eine davon ist die „Tour de Worms“. Ich habe mich kurz gefragt, ob das „de“ vor Worms roihessisch ist, aber es heißt wohl doch eher so, weil man sich wie auf der „Tour de France“ fühlen kann. Die „Tour de Worms“ verbindet fünf Themen- und Streckenradwege zu einem Quadrat. Los geht es an der Wormser Rheinpromenade, dann auf der Hiwwel-Route quer durch die Nibelungenstadt und gen Westen auf dem Zellertal-Radweg in den Wonnegau nach Flörsheim-Dalsheim und von dort weiter nach Westhofen, wo der Mühlen-Radweg dem Seebach bis Osthofen folgt. Der letzte Abschnitt führt schnurgerade über die Rheinterrassenroute zurück nach Worms. Das sind rund 45 Kilometer, also viel Zeit zum Schauen und Einkehren.

Die Stadt Worms

Die Stadt Worms schafft es ja in jedem Jahr aufs Neue, dass man mindestens einmal hin muss, 2017 war es das Lutherjubiläum, 2018 der Domgeburtstag. Und jedes Jahr sind es die Nibelungenfestspiele, die unsere wichtigste deutsche Heldensage in immer neuen Variationen aufführt. So beginnt auch die „Tour de Worms“ am Hagendenkmal. Es steht direkt am Rheinufer und führt uns vor Augen, dass der legendäre Nibelungenschatz, den Hagen vorsorglich im Rhein versenkt haben soll, noch immer nicht gefunden wurde.

Hagendenkmal Worms

Unter einer schönen Platanenallee heißt es hier nicht zu schnell in Richtung Rheinbrücke zu fahren, denn die Rheinpromenade ist auch die Flaniermeile der Wormser Fußgänger. Bei Kolb’s Biergarten ist ein kleiner Stopp mit Blick auf die Speisekarte angeraten, die Deftiges und Rheinhessisches anbietet und die Aussicht auf einen guten Wein zum legendären Knusperhähnchen nebst Schiffe auf dem Rhein zum Tourabschluss. Wer sicher gehen will, reserviert Plätze.

Kolb’s Biergarten Worms

Wir steigen am Dom St. Peter vom Rad. Bischof Burchard, der in Bronze gegossen vor der „Basilika minor“ steht, weihte den Vorgängerbau vor 1000 Jahren. Die barocke Perle des Doms ist der Hochaltar, den der berühmte Baumeister Johann Balthasar Neumann aus vergoldetem Holz und Marmor schuf. Ein zweiter Hingucker ist der Dackel am Südportal des Doms, den der Dombaumeister Philipp Brand 1920 dort wie einen Heiligen in Stein verewigte. Er tat es aus Dankbarkeit, weil der treue Hund ihn vor einem herabfallenden Stein warnte.

Dom St. Peter Worms

Auf dem Zellertal-Radweg, dem südlichsten Rheinhessen-Radweg, radle ich nach Westen und bin immer noch auf der Hiwwel-Route: die beiden Radwege teilen sich hier eine Trasse. Der kleine Fluss Pfrimm gibt die Richtung an und spätestens zwischen Pfeddersheim und Monsheim wird klar, dass man sich von der Ebene ins Hügelland bewegt und die Tourbeschreibung „leichter Anstieg“ liegt ganz im Sinne des Betrachters und seiner Fitness. Es ist schon schön, vom E-Bike etwas Unterstützung zu bekommen und nicht an Tempo zu verlieren.

Richtung Wonnegau

Dort, wo die Monsheimer Hauptstraße auf die B 271 trifft, nimmt die „Tour de Worms“ nach rechts Kurs gen Norden durch den Wonnegau. Auch schön hiwwelig, aber mit dem E-Bike bleibt es reine Wonne. Das reizvolle an der rheinhessischen Landschaft ist die Abwechslung zwischen Weinanbauflächen, Feldern und Obstwiesen, wie es sie so in Rheinland-Pfalz sonst nicht gibt.

In Flörsheim-Dalsheim bin ich besonders auf die sogenannte Fleckenmauer gespannt, die zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Rheinhessen gehört. Flecken hat die einzige erhaltene mittelalterliche Ortsbefestigung in Rheinhessen allerdings keine, sondern heißt so, weil sie den einstigen Flecken Dagolfesheim umgab. Gästeführerin Beate Hess hat den Schlüssel und mit ihr steige ich auf die über einen Kilometer lange aus unbehauenen Kalksteinen erbaute Mauer, die bis zu zehn Meter hoch ist und sieben Türme hat. Regelmäßig gibt es in Flörsheim-Dalsheim offene Führungen auf der Mauer, die sich wirklich lohnen. Die Aussicht ist weit und fantastisch.

Fleckenmauer Beate Hess, Flörsheim-Dalsheim

In Gundersheim nimmt die Tour de Worms wieder Kurs in Richtung Rhein auf. In Westhofen ist an der Seebachquelle eine erfrischende Rast angesagt. In der artesischen Quelle entspringt der Seebach, der nach rund zehn Kilometern nördlich von Worms in den Rhein mündet. Auf den Stufen, die früher der Platz für die Frauen des Dorfes zum Wäschewaschen war, kann man sich niederlassen und mit den Beinen im Wasser baumeln.

Seebachquelle, Westhofen

Westhofen

Ein lauschiger Platz in Westhofen ist die Ruine der Liebfrauenkirche. Ungenutzt verfiel sie im Lauf der Geschichte, nur die äußeren Mauern wurden erhalten. Das macht die Kirche zu einem geheimnisvollen und schönen Platz. Dazu trägt sicherlich bei, dass sie von alten Robinien, Weiden, Linden und Blutbuchen umstanden ist.

Ruine der Liebfrauenkirche, Westhofen

Osthofen

Geradeaus geht es weiter nach Osthofen zu einer weiteren Besonderheit Rheinhessens. Gemeint sind die originellen Weinbergshäuschen. Ganz anders als der berühmte Trullo von Flonheim, steht hier ein kleines Märchenschloss hoch über den Cabernet Sauvignon-Reben des Weingutes Kratz in der Weinlage mit dem rätselhaften Namen „Leckzapfen“. Birgit Kratz kann das aufklären und erzählt, dass der Wein hier schon immer so gut schmeckte, dass sogar der Zapfen, der die Weinfässer verschloss, abgeleckt wurde. Gebaut hat die Miniaturburg Gustav Weißheimer, der Ende des 19. Jahrhunderts nicht nur Weingüter, sondern auch mehrere Mühlen besaß. Der Leckzapfen war seine Art, zu zeigen, was man sich leisten kann. Vom kleinen Balkon sind in weiter Ferne schon die Spitzen des Wormser Doms und weiter links die Höhenzüge des Odenwaldes zu erkennen.

Leckzapfen Osthofen Birgit Kratz

In Osthofen setzt die Tour de Worms zur Zielgeraden an und folgt dem Lauf des Rheins nach Worms. Doch bevor es am Ziel zur wohlverdienten Schlemmerei in Kolb’s Biergarten kommt, lohnt sich ein Zwischenstopp im Schlosspark Herrnsheim.

Schloss Herrnsheim

Das Schloss gehört zu den berühmtesten Empire-Bauten in Rheinland-Pfalz. Der 1790 geschaffene Park im Stil eines Englischen Gartens ist ein Traum aus großzügig angelegten Wiesen, Wäldchen, Teichen, Brücken, Inseln und verschwiegenen Plätzchen.

Schlosspark Herrnsheim Rousseauinsel

Hinter einer großen Sommerlinde versteckt sich die Wonnegauer Ölmühle, die Spezialist für kaltgepresste Öle ist. Im Laden gibt es nicht nur verschiedene Öle, sondern auch Pesto und Fruchtiges zu kaufen.

Sommerlinde vor Ölmühle
Ölmühle Wonnegau

Für Eure eigene Planung der “Tour de Worms” gibt’s natürlich auch die Tourenbeschreibung mit Karte und noch mehr schönen Eindrücken.

Wer sich auch für andere Radtouren und alles weitere rund ums Radfahren in Rheinhessen interessiert wird auf den Radseiten fündig.

Verfasst von:

Ich bin als Reisejournalistin am liebsten zu Fuß per Rad und Schiff in Deutschland unterwegs und schreibe Reportagen für Tageszeitungen und Magazine.

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