Aussichtsreicher Start am Bismarckturm
Die Hiwweltour Bismarckturm beginnt gleich mit einem Höhepunkt – wortwörtlich. Der Wanderparkplatz und Ausgangspunkt dieser Tour liegt nämlich direkt neben ihrem Namensgeber, dem Ingelheimer Bismarckturm auf dem Westerberg.
Der 33 Meter hohe Turm wurde 1912 fertiggestellt, als die Bismarck-Verehrung auf ihrem Höhepunkt war. Überall im Lande wurde Bauten nach dem ersten deutschen Reichskanzler benannt oder ihm zu Ehren errichtet – so auch in Rheinhessen.
Noch sind wir bei vollen Kräften, deswegen beschließen wir, die vielen Stufen im Inneren des Turms gleich zu Beginn unserer Wanderung hinaufzuklettern. Wir werden auf der Plattform des Turms mit einer sagenhaften Rundumsicht belohnt: Die Dächer der Rotweinstadt Ingelheim liegen uns zu Füßen, dahinter fließt der Rhein und am Horizont erstreckt sich der Rheingau. In der anderen Richtung blicken wir auf das rheinhessische Hügelland mit Wäldern, Wiesen und – natürlich – Weinbergen. Jede einzelne Treppenstufe hier hoch hat sich gelohnt!
Zwischen GAGA und Geschichte
Gleich neben dem Turm beginnt der rund zehn Kilometer lange Wanderweg, der uns nach wenigen Metern in einen lauschigen Wald führt. Das nächste Etappenziel ist der GAGA-Pavillon (benannt nach seinem Bauherrn, den Gründer der Firma Gebrüder Avenarius Gau-Algesheim). Hier können wir noch einmal wunderbar ins Rheintal und den Rheingau blicken, eine praktische Tafel erklärt, was genau es wo zu entdecken gibt.
Der weiche Naturpfad führt anschließend weiter in den Wald hinein. Wir passieren eine ehemalige Infanteriestellung des Bollwerks Mainz. Kleine Hinweisschilder weisen auf einen Verbindungsgraben hin, der heute noch erkennbar ist. Eine Infotafel erklärt die geschichtlichen Hintergründe. Zuerst Bismarck und nun diese Stellung aus dem Ersten Weltkrieg. Die Hiwweltour Bismarckturm ist eine Wanderung durch die deutsche Geschichte. Spannend!
Im Weinberg
Der Wald lichtet sich. Hecken und Gehölze säumen jetzt den Wanderweg. Wir machen eine kurze Pause auf einer Bank, die mit ihrem wunderbaren Blick auf Gau-Algesheim zum Verweilen einlädt. Die katholische Pfarrkirche St. Cosmas und Damian ist von hier aus besonders gut zu erkennen.
Wir freuen uns sehr, als wir kurze Zeit später die ersten Weinberge erreichen. Die Rebstöcke hängen voller Trauben und lassen uns von leckeren Weinen träumen. Der Wanderweg führt mitten hindurch bis zum Ortsrand von Gau-Algesheim. Hier bietet ein Zuweg die Möglichkeit, dem Weinort mit seinem historischen Marktplatz und der sehenswerten Kirche einen Besuch abzustatten.
Wir folgen dem Wanderweg weiter mitten durch die Weinberge. Immer wieder passieren wir üppige Obstbäume und alte Trockenmauern. Ein romantisches Bild! Dazu passen auch die Kühe am Wegesrand, die von uns absolut unbeeindruckt dem Grasen in aller Gemütlichkeit nachgehen.
Am Welzbach entlang
Gemütlich ist das richtige Stichwort. Die Hiwweltour Bismarckturm ist nun im Welzbachtal angekommen und führt uns ganz entspannt am leise plätschernden Bach entlang. So nah am Wasser ist die Tierwelt besonders lebendig. Frösche quaken, Insekten summen und brummen – sogar einen Bienenstock passieren wir in sicherem Abstand und beobachten gespannt das quirlige Treiben.
Wenig später erreichen wir ein Wildgehege. Die Hirsche und Hirschkühe beäugen uns wesentlich skeptischer als noch die Kühe vorhin. Als sie merken, dass sie nichts zu befürchten haben, kümmern sie sich schnell wieder um ihre eigenen Angelegenheiten. Ein kleines Gerangel zweier Rehkitze beispielsweise. Auch wir wandern weiter, immer noch ganz idyllisch am Welzbach entlang.
Wo Wasser ist, sind üblicherweise Mühlen nicht weit. Wir nähern uns Appenheim und damit auch der 100 Guldenmühle. Die historische Mühle am Fuße der Weinlage Hundertgulden ist ein Restaurant mit wunderschöner Terrasse. Die Lage, etwa auf der Hälfte der Hiwweltour Bismarckturm, ist perfekt für eine kleine Stärkung. Wir kehren hier heute allerdings nicht ein, denn wir haben ein anderes Ziel für unsere Rast schon vor Augen.
Das Hundertguldenfest am Tisch des Weines
Hoch oben im Weinberg erkennen wir weiße Zelte, viele Menschen und den aufsteigenden Rauch von brutzelndem Fleisch auf dem Grill. Das Hundertguldenfest der Appenheimer Winzer ist in vollem Gange. In den Sommermonaten findet am Tisch des Weines jeden zweiten Sonntag im Monat ein Ausschank statt. Zum Abschluss der Saison feiert man dann ein großes Fest, das Hundertguldenpicknick, so wie heute. Bevor wir dort eintreffen, müssen wir allerdings den Anstieg bewältigen. Aber wir haben einen tollen Ansporn!
Als wir mit einem wohlverdienten Glas Weißwein auf die bisher zurückgelegten Kilometer anstoßen, treffen wir Stefan Runkel vom Weingut Eberle-Runkel und Klaus Gres vom Weingut Gres. Sie erklären uns die Besonderheiten der Weinlage Hundertgulden.
Im Boden unter unseren Füßen befindet sich Kalkstein, der sich aus Korallenbänken des einstigen Urmeeres dieser Region bildete. Vor allem Rieslinge sind dadurch mineralisch besonders ausgeglichen. Klaus Gres lobt die „Salzigkeit“ der Weine dank der Korallen. Wir können nur bestätigen, dass der Wein ausgezeichnet schmeckt – besonders mit dieser einmaligen Aussicht auf Appenheim und das rheinhessische Hügelland.
Da Geschichte auf der Hiwweltour Bismarckturm ein wiederkehrendes Motiv ist, erfahren wir von den beiden Winzern noch, dass die Weinlage Hundertgulden schon sehr früh erwähnt wurde und Hildegard von Bingen wohl eine große Liebhaberin der hier angebauten Weine war. Verständlich!
Wir bleiben noch eine Weile auf dem Fest. Winzer, Einheimische aus Appenheim sowie zufällig vorbeikommende Wanderer haben alle eine Menge Spaß. Die 100 Guldenmühle sorgt für Catering, der Grill läuft ebenfalls auf Hochtouren und der Wein wird fleißig ausgeschenkt. Allzu viel dürfen wir nicht probieren, schließlich liegt noch ein gutes Stück auf der Hiwweltour Bismarckturm vor uns.
Durch den verwunschenen Wald
Der Wanderweg gewinnt über einen steilen Treppenpfad weiter an Höhe. Die Natur um uns herum ist üppig und verdichtet sich immer weiter, bis wir erneut im Wald wandern, diesmal im Naturschutzgebiet des Gau-Algesheimer Kopfes.
Wir machen einen kleinen Abstecher zu den „Salamanderlöchern“. Das bedeutende Biotop mit Grundwasservorkommen ist ein wichtiger Lebensraum und beherbergt vor allem verschiedene Molch- und Libellenarten. Libellen sehen wir tatsächlich im weiteren Verlauf unserer Wanderung. Immer wieder fliegen sie vor oder neben uns her.
Zwei gemütliche Wanderliegen bieten erneut einen wunderbaren Panoramablick in den Rheingau. Obwohl wir auf dem Fest eine ausgiebige Pause eingelegt haben, können wir nicht anders, als auch hier ein wenig zu verweilen. Was für ein Genuss diese Hiwweltour Bismarckturm doch ist!
Der Wanderweg führt tiefer in den Wald hinein, der mit knorrigen Bäumen und unberührter Natur eine ganz besondere Atmosphäre ausstrahlt, fast schon verwunschen wirkt.
Zurück zum Bismarckturm
Die letzten Meter des Tages führen uns schließlich am Waldrand entlang, vorbei an weiten Pferdekoppeln und Obstplantagen, bis wir schließlich wieder vor dem Bismarckturm stehen.
Wie gut, dass wir schon dort oben waren! Die Beine sind nun doch etwas schwer. Abgesehen davon geht es uns aber ausgezeichnet, denn die Hiwweltour Bismarckturm hatte alles, was man sich von einer Wanderung in Rheinessen wünschen kann: abwechslungsreiche Vegetation, traumhafte Ausblicke und natürlich ein gutes Glas Wein in netter Gesellschaft!