Wanderbericht Hiwweltour Tiefenthaler Höhe: Hügel, Täler und eine Grenze

Inhaltsverzeichnis

Ein Plausch mit dem Wegepaten

Bevor wir den Rucksack umschnallen und in die Wanderschuhe schlüpfen, sind wir mit Walter Weber, dem Wegepaten der Hiwweltour Tiefenthaler Höhe, verabredet. Wir treffen ihn auf dem Tiefenthaler Dorfplatz, der vor einigen Jahren wunderschön neugestaltet wurde. Sofort erzählt er uns, dass das dortige Gemeindehaus die ehemalige Schule von Tiefenthal ist. Zwischen 1854 und 1954 wurden hier Schüler der ersten bis achten Klasse von nur einem Lehrer unterrichtet. Die Begeisterung für Geschichte ist Walter Weber anzumerken, ebenso für die Natur und die Besonderheiten seiner Heimat.

Kein Wunder, dass er sofort Feuer und Flamme war, als die Idee geboren wurde, einen Prädikatsrundwanderweg in Tiefenthal zu gestalten. Vom ersten Erkundungsweg bis zur Zertifizierung verging einige Zeit, aber es habe sich gelohnt. Davon wollen wir uns heute überzeugen! Walter Weber zeigt uns die Wanderroute auf seiner liebevoll selbstgestalteten Karte und erklärt die wichtigsten Höhepunkte der Hiwweltour. Wir sind gespannt!

Ehe wir uns auf den Weg machen, stattet uns Walter Weber mit typisch rheinhessischem Proviant in Form köstlicher Weintrauben aus – frisch von der Gemeindehauswand gelesen. Nun bestens versorgt folgen wir dem kurzen Zuweg zum eigentlichen Startpunkt der Hiwweltour.

Am Appelbach entlang

Die erste Etappe der rund zwölf Kilometer langen Wanderung führt uns ins idyllische Appelbachtal. Wir wandern am Ufer des plätschernden Bachs entlang, der nach umfangreicher Renaturierung wieder zu einem wertvollen Lebensraum wurde. Wir hören Frösche quaken und Vögel zwitschern. Zusammen mit dem Fischweiher des Angelsportvereins ist hier ein richtiges Kleinod entstanden.

Wir lassen das naturnahe Feuchtbiotop hinter uns und tauchen stattdessen in den kühlen Mischwald ein. Langsam aber sicher gewinnen wir an Höhe, schließlich bedeutet „Hiwwel“ auf rheinhessisch Hügel.

Ein Panorama jagt das nächste

Der gemächliche Anstieg hat sich gelohnt! Als wir aus dem Wald treten, präsentiert sich die „Rheinhessische Schweiz“ von ihrer schönsten Seite: tiefe Täler und bewaldete Hügel. Mittendrin erkennen wir die hochgotische Turmspitze der Kapelle von Hof Iben, deren Ursprünge bis ins 13. Jahrhundert zurückgehen, als die Templer hier eine Wasserburg bauten.

Herrliche Panoramablicke und schattige Waldabschnitte wechseln sich jetzt ab. Eine perfekt platzierte Wanderliege lädt uns ein, noch einen Moment länger am Waldrand zu verweilen und die Landschaft zu genießen.

Im Dunzelloch

Wir passieren die Schutzhütte Steinkaute und erreichen wenig später den nächsten Höhepunkt der Hiwweltour, verborgen in dichtem Grün. Das Dunzelloch ist ein alter Steinbruch, den sich die Natur inzwischen auf imposante Weise zurückerobert hat. Trotzdem kann man hier auch als Laie noch beeindruckende Steinformationen erkennen.

Im 15. Jahrhundert wurden rund um Tiefenthal die ersten Steinbrüche urkundlich erwähnt. Man geht aber davon aus, dass schon die Römer das geologische Potenzial dieser Urmeer-Region erkannt haben. Bis ins 19. Jahrhundert wurde hier noch Sandstein abgebaut, jetzt dürfen sich Moose und Farne wieder ausbreiten. Die dunkle, feuchtnasse und ruhige Atmosphäre dieses Ortes hat fast etwas Mystisches.

Im Wald unterwegs

Wir folgen dem weichen Waldweg, auf dem man sehr angenehm wandern kann. Zu unserer Rechten liegt der Ruhewald von Stein-Bockenheim. Ein wunderschöner Ort mit artenreichem Baumbestand und einer ebenfalls ganz besonderen Stimmung.

Der nächste Anstieg steht bevor. Walter Weber hatte uns diesen „einzig steilen“ Abschnitt bereits auf seiner Karte gezeigt – und erzählt, dass am Ende eine Bank wartet, die er absichtlich genau dort platziert hat. Und so ist es! Außerdem finden wir hier leckere Waldbrombeeren. Ob die ebenfalls vom Wegepaten strategisch platziert wurden? Unsere Weintrauben haben wir inzwischen verputzt, deswegen kommt ein neuer Natursnack wie gerufen.

Eine Grenzerfahrung

 Am Waldrand genießen wir den nächsten Panoramablick. Über Mörsfeld hinweg können wir das Nordpfälzer Bergland erkennen, allen voran den Donnersberg, deutlich sichtbar mit seinen drei „Türmen“, dem Ludwigsturm, dem Fernsehmast sowie der US-Funkstation.

Wir wandern über einen Kilometer am Waldrand entlang. Immer geradeaus, so scheint es. In regelmäßigen Abschnitten entdecken wir alte Grenzsteine, die wir näher inspizieren. Auf der einen Seite steht „KB“ und auf der anderen „GH“. Wir befinden uns direkt auf der historischen Grenze zwischen dem Königreich Bayern, zu dem Teile der Rheinpfalz gehörten, und dem Großherzogtum Hessen, dessen Provinz Rheinhessen war. Die Grenze wurde 1815 beim Wiener Kongress festgelegt und bestand immerhin bis zur Neuordnung der Bundesrepublik im Jahre 1946.

Am Grenzstein Nr. 425 (insgesamt gab es 1.024 solcher Steine) steht eine Bank. Hier legen wir eine Pause ein und genießen den wunderschönen Ausblick in die Pfalz und den frischen Wind, in dem auch ein wenig Hauch der Geschichte liegt. Walter Weber hat uns erzählt, dass genau hier seine Lieblingsstelle der Hiwweltour ist. Verständlich!

Immer noch wandern wir am Waldrand entlang. Neben uns weiden Kühe und Pferde, die uns sichtlich weniger interessant finden als wir sie. Am Forsthaus Jägerlust geht der Zuweg nach Mörsfeld sowie zur Speisegaststätte Hof Pfalzblick ab.

Endlich Wein

Die nächste Etappe empfängt uns mit herrlichen Wiesenwegen und wilden Hecken, die wir so heute noch nicht gesehen haben. Und noch etwas ist neu: Die ersten Weinreben säumen unseren Weg. Wir bewegen uns jetzt genau auf der Grenze der Weinbaugebieten Rheinhessen und Pfalz und freuen uns über den Anblick der Trauben. Der Tisch des Weines liegt übrigens schon in Weinanbaugebiet der Pfalz. Macht das was? Überhaupt nicht. Die grandiose Aussicht über das Appelbachtal ist für mich die schönste bisher!

Im letzten größeren Waldabschnitt genießen wir noch einmal die kühle Luft und das wunderschöne Blätterdach des Laubmischwaldes. Danach erreichen wir das Hermannsfeld, eine offene Feldflur. Ein letztes Mal blicken wir über die Weinhügel, bevor wir deutlich spürbar an Höhe verlieren. Tiefenthal ruft!

Ein perfektes Ende

Der wunderbare Abschluss dieser wunderbaren Wanderung ist ein schluchtähnliches Gelände, das eine gewisse Trittsicherheit verlangt, aber landschaftlich herrlich ist. Der Wanderweg führt uns sogar durch einen alten Baum hindurch.

Nach gut vier Stunden erreichen wir erneut den Dorfplatz. Erschöpft, aber glücklich!

2 Antworten

  1. Als alter „Nordpälzer Bub“, geb. in Niederhausen an der Appel und dort die ersten 15 Jahre meines Lebens gelebt, der seit 66 Jahren im Rheinland lebt und immer wieder einmal in die alte Heimat kommt, finde ich die rheinhessische Schweiz mit den Hiwwltouren sehr schön. Einige davon habe ich erwandert, natürlich auch die in Ihrem Artikel beschriebene. In diesem interessanten Artikel sind mir allerdings auch einige Fehler aufgefallen. Und zwar ist es die Rheinpfalz und nicht die reschtsrheinische Kurpfalz, die bis 1946 zu Bayern gehörte. Außerdem verwechseln Sie auf einem Foto, auf dem man gut Niederhausen ekennen kann, den Blick ins nordpfälzer Bergland mit dem rheinhessischen Hügelland. Der zu sehende Wingert liegt auch nicht im größten deutschen Weinbaugebiet Rheinhessen, sondern in der Gemarkung
    „Auf der Weide“ die zu Niederhausen gehört. Nichts für ungut, die Tour ist auf jeden Fall empfehlenswert, aber als alter „Lokalpatriot“ wollte ich dies halt nicht so unkommentiert stehen lassen. Mit freundlichen Grüßen aus Köln, Klaus Nachbar

    1. Hallo, Herr Nachbar,

      schön, dass sie unsere Hiwweltouren so mögen und schon einige erwandert haben. Die weiten Ausblicke in der „Grenzregion“ zwischen den Weinbaugebieten Rheinhessen und Pfalz haben so ihre Tücken, da ist die Zuordnung nicht immer ganz einfach. Mit fremden Federn, sprich Weinbergen, wollen wir uns aber nicht schmücken, deshalb sind wir dankbar für die Hinweise. Richtig ist, dass nach 1815 nicht die Kurpfalz, sondern nur Teile davon, nämlich das südliche linksrheinische Kernland der Kurpfalz, zum Königreich Bayern gehörten. Der Text wurde entsprechend korrigiert. Rheinpfalz nannte man das Gebiet dann erst ab 1836.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Verfasst von:

Unser Angebot

Ähnliche Beiträge ansehen

Melde dich für unseren Newsletter an