Zarte Schönheiten: Wildtulpen am Petersberg

Inhaltsverzeichnis

Dieser Beitrag wurde am 03.04.2023 veröffentlicht und am 29.02.2024 aktualisiert.

Gelb für Fröhlichkeit und Lebensfreude: Die seltenen Wildtulpen von Gau-Odernheim

Wildtulpen_Gelb für Fröhlichkeit und Lebensfreude

Dieser Schatz darf sich mit einem Superlativ schmücken: „größtes Vorkommen von Wildtulpen nördlich der Alpen“. Zu bewundern ist die Tulipa sylvestris (so der lateinische Name) nur wenige Wochen im Jahr meist zwischen Mitte April und Anfang Mai – nächste Woche ist es voraussichtlich soweit. Wir finden: Ein echter Ausflugstipp – steht Gelb doch für Fröhlichkeit und Lebensfreude.

Wildtulpen auf dem Liebberg

Unsere Autorin Marina Noble war in den letzten Jahren mehrmals vor Ort. Dabei hat sie Manfred Brunn, den Vorsitzenden der Naturschutzgruppe Gau-Odernheim, getroffen und dabei viel Wissenswertes erfahren. Die 125 Mitglieder der Gruppe machen sich für die geschützten Gewächse stark. Den Vorsitzenden haben sie gar sein ganzes Leben begleitet: „Schon als Bub waren die Tulpen da, aber sie haben niemanden interessiert. Naturschutz war damals noch unbekannt.“ So führten Pestizide und die intensive Bearbeitung der Weinberge dazu, dass der Bestand immer weiter schrumpfte.  Als sich in den 80er Jahren der grüne Gedanke immer stärker verbreitete, wurde Manfred Brunn mit einigen Freunden aktiv. Sie erreichten, dass die Pflanzen 1985 von der Kreisverwaltung unter Naturschutz gestellt wurden – eine Grundlage für ihren Erhalt.

Das „Tor“ zu den seltenen Pflanzen

Schon vor 40 Jahren „Blume des Jahres“

Auch die von Loki Schmidt, der Ehefrau des ehemaligen Bundeskanzlers, gegründete „Stiftung zum Schutz gefährdeter Pflanzen“ erkannte früh die Bedrohung und kürte die Wildtulpe vor genau 40 Jahren zur „Blume des Jahres“. Die Begründung ist auf der Stiftungs-Website nachzulesen: „Die vielen Tulpenzüchtungen, die im Frühjahr in großer Fülle und Verschiedenartigkeit die Gärten, aber auch die Blumenläden schmücken, ließen den Rückgang der Wildtulpe fast unbemerkt. Dabei ist sie – ähnlich wie die Gelbe Narzisse – eine der bemerkens- und liebenswertesten Frühlingsblumen, deren Verschwinden diese vielbesungene Jahreszeit farblich düsterer und in ihrer Vielfalt ärmer werden lässt.“

Blume des Jahres schon 1983

Woher stammen die Wildtulpen?

Ursprünglich war die Tulpenart im Mittelmeer-Raum zuhause. Dort galt sie als besonders nobles Gewächs. Darüber, wie sie ihren Weg zu uns fand, gibt es verschiedene Theorien, die keiner überprüfen kann. Diese Geschichte hält Manfred Brunn für am wahrscheinlichsten: Zu den Märkten, die im Mittelalter außerhalb der Stadtmauern stattfanden, kamen auch Händler aus Italien. Zu ihren Waren zählten Wildtulpen-Zwiebeln, die sie als Heilmittel verkaufen wollten. Jedoch fanden diese keinen reißenden Absatz, wohl weil die Einheimischen zu skeptisch waren. Also haben die Händler die Zwiebeln einfach in den nahen Weinbergen weggeworfen. Dort haben sie sich wild vermehrt. Gut für uns!

Heimat zwischen den Reben

Warum wachsen die Blumen gerade dort?

Am Lieberg finden die Pflanzen ideale Voraussetzungen. Sie mögen den nährstoffreichen, feuchten und durchlässigen Löss-/Lehmboden. Positiv ist auch das milde Klima mit viel Sonne und wenig Niederschlag, für das Rheinhessen bekannt ist. Ein wichtiger Faktor ist zudem, dass die Winzer bei der Bearbeitung der Weinberge auf die Pflanzen Rücksicht nehmen. Im heimischen Garten wachsen die Blumen übrigens nicht – daher macht es keinen Sinn, Zwiebeln auszugraben. Das ist sowieso verboten!

Wie sehen die Tulpen aus?

Sie gehören zur Familie der Liliengewächse – wie übrigens auch die Gelbe Narzisse. Außerhalb der Blütezeit sind die Zwiebelgewächse praktisch nicht zu erkennen. Ausgewachsen werden sie 30 bis 60 Zentimeter hoch. Die bis zu 30 Zentimeter langen, blaugrünen Blätter sind schmal und laufen spitz zu. Die ebenfalls spitzen Kelche sitzen auf einem Stängel. Wenn Ihr genau auf die Farben achtet, seht Ihr: Sie sind außen grünlich oder rötlich. Die leuchtend gelbe Farbe haben die Blütenblätter an der Innenseite.

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Wann sind sie zu sehen?

Die genaue Blütezeit hängt von verschiedenen Wetter-Faktoren ab und dauert maximal drei Wochen meist im Zeitraum von Mitte April bis Anfang Mai. Ist es heiß, kann das Naturschauspiel schon nach einer Woche vorbei sein. Auch öffnen sich die Blüten nur bei schönem Wetter. Sie schließen sich bei schlechtem Wetter und wenn es dunkel wird. Infos gibt es bei Manfred Brunn, Tel: 07733-6636, E-Mail: m_brunn@t-online.de.

Wie komme ich hin?

Am umwelt- und damit tulpenfreundlichsten natürlich mit dem Fahrrad. Wenn Ihr auf dem Selztal-Radweg unterwegs seid, kommt Ihr auch durch das Hügelland von Gau-Odernheim. Die landschaftlich hübsche Route folgt dem Flüsschen Selz von der Quelle bis zur Mündung (Gesamtlänge: 68,6 Kilometer) Selztal-Radweg – Touren – Rheinhessen. Von umliegenden Städten wie Worms oder Wörrstadt fahren Linienbusse nach Gau-Odernheim. Für PKWs gibt es nahegelegene Parkplätze an der Petersberghalle. Von dort führt ein circa ein Kilometer langer, leicht ansteigender Weg zum Fuß des Lieberg. Er ist befestigt und gut ausgeschildert. Erste Infos liefert eine Tafel vor der Überquerung der Selz.

Infotafel an der Selz

Gibt es die Wildtulpen nur in Gau-Odernheim?

Nirgendwo soll es so viele wie dort im „größten Vorkommen von Wildtulpen nördlich der Alpen“ geben. In Rheinhessen findet Ihr ein kleineres Vorkommen an verschiedenen Stellen im Schlosspark des Wormser Stadtteils Herrnsheim (auch zu anderen Jahreszeiten sind das Schloss und der schöne angrenzende 10,5 Hektar große Park, der als bedeutendster englischer Landschaftspark in Rheinland-Pfalz ausgezeichnet ist, ein lohnendes Ausflugsziel). Ebenfalls kleinere Standorte liegen in den Weinbergen des Landauer Ortsteils Mörzheim und in Franken.

WILDTULPEN-BLÜTENFEST, SO 28. APRIL 2024
Ihrem botanischen Schatz hat die Naturschutzgruppe Gau-Odernheim ein eigenes Event auf ihrem Natur-Erlebnis-Platz gewidmet. Das Wildtulpen-Blütenfest rückt die seltenen Pflanzen bei Führungen in den Mittelpunkt. Vom Festplatz bringt ein Traktor-Shuttle die Besucher, die nicht laufen möchten, zum Lieberg – hin und zurück oder auch nur eine Strecke. Wissenswertes und Erklärungen zum Natur- und Vogelschutz gibt es auch auf dem Festplatz. Anschauungsobjekte dafür sind ein Bienenhotel, die Fledermaushütte und eine Trockenmauer. Eine Idee für daheim könnte Euch die Benjeshecke liefern. Diese aus Ästen, Sträuchern und Gras geschichtete Hecke entwickelt sich im Laufe der Zeit zum Lebensraum für Vögel, Igel, Insekten und andere Kleintiere.

Auf dem Weg zum Lieberg

UNTERWEGS IN DER GEGEND
Gau-Odernheim: Die Gemeinde an der Selz mit ihren Fachwerkhäusern im alten Ortskern lohnt einen Rundgang. Eine Besonderheit ist die gotische Simultankirche aus dem 14./15. Jahrhundert. Dort trennt eine Mauer den katholischen und evangelischen Teil.
Informationen und Unterkunftsverzeichnis: Gau-Odernheim – Das Kleinzentrum im Herzen Rheinhessens

Petersberg:  Die mit 246 Meter höchste Erhebungen Rheinhessens liegt dem Lieberg direkt gegenüber. Den relativ steilen Aufstieg belohnt oben ein weiter Rundblick bis zum Taunus und der Frankfurter Skyline. Überreste einer romanischen Kirche erinnern daran, dass der Petersberg vor langer Zeit Ziel von Wallfahrern war. Eine schöne Rundroute zwischen Gau-Odernheim und Bechtolsheim ist der sieben Kilometer lange „Kulturweg Petersberg“.  Kulturweg Petersberg – Touren – Rheinhessen

Ausschilderung für Wildtulpen und Kulturweg Petersberg

Lesetipp für eine Wanderung zu den Wildtulpen und dem Petersberg: Wandern zum Petersberg und zu den Wildtulpen bei Gau-Odernheim, ein Blogbeitrag von Frank Hamm.

Manfred Brunn, Vorsitzender der Naturschutzgruppe Gau-Odernheim, und Autorin Marina Noble. Foto: Rainer Schmauck

2 Antworten

    1. Danke für die nette Nachricht, lieber Kollege, und viel Freude beim Wildtulpen-Schauen in diesem Jahr! Herzliche Grüße, Marina Noble

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Verfasst von:

Seit über 30 Jahren ist Rheinhessen meine Wahlheimat und ich, eine gebürtige Fränkin, lebe heute in der Oppenheimer Altstadt. Reisen zu nahen und fernen Zielen gehörten Jahrzehnte lang zu meinen Aufgaben als Inhaberin einer der erfolgreichsten touristischen PR-Agenturen Deutschlands. Nun im Ruhestand sind mein Mann und ich leidenschaftlich gern im schönen Rheinhessen unterwegs. Dabei engagieren wir uns z.B. für die Vogelbeobachtung oder als Wegepaten für den RheinTerassenWeg.

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