Wanderbericht Hiwweltour Heideblick: Wo die Heide blüht und die Alm ruft

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Hier erwartet Euch eine unglaublich vielfältige Vegetation: akkurate Rebflächen, wilde Hecken, lauschige Wälder und – vielleicht am überraschendsten – eine weitläufige Heidelandschaft. Wir haben die Wanderschuhe angezogen und uns auf den Weg gemacht, vorbei an Turm, Burg, Mühle und Alm. Hoch hinauf und gemütlich durchs Tal. Immer mit fantastischen Aussichten vor Augen.

Im charmanten Siefersheim

Wir parken auf dem Wanderparkplatz „Am Gänsborn“ und folgen dem Zuweg, der uns zum Start der Hiwweltour Heideblick führt. Dabei laufen wir mitten durch den charmanten Ortskern der Weinbaugemeinde Siefersheim. Wir passieren die Evangelische Kirche und das ehemalige Schulgebäude. Der für Rheinhessen typische Sandstein prägt das Bild, die Blumenkästen an den Fenstern setzen farbige Akzente.

Der Ortsrand geht unmittelbar in den Weinberg über. Wir befinden uns am Ausgangspunkt der Hiwweltour Heideblick und freuen uns auf die nächsten zehn Kilometer, die vor uns liegen. Wir tauchen in das Rebenmeer ein und wandern schon bald über den Dächern von Siefersheim.

Durch die Höll

Auf der Anhöhe „Höll“, einem bedeutenden Naturschutzgebiet der Region, genießen wir den ersten herrlichen Blick über die rheinhessische Hügellandschaft. Es sollen noch viele weitere folgen.

Der Wanderweg führt uns nun ganz gemütlich oberhalb der Rebzeilen entlang. Sorgfältig kultivierte Wirtschaftsflächen wechseln sich mit urwüchsig romantischen Naturschutzflächen ab. Hier kann man die Artenvielfalt nicht nur sehen, sondern auch hören. In den Wiesen, Hecken und Sträuchern summt und brummt es. Das macht diesen Wegabschnitt besonders reizvoll.

Der tragisch-schöne Ajaxturm

Schon bald erscheint der Ajaxturm, einer der ältesten Weinbergstürme Rheinhessens, in unserem Blickfeld. Um ihn rankt sich eine tragisch-schöne Legende, die Romeo und Julia in nichts nachsteht.

Wir gönnen uns eine kleine Rast und sinnieren über die sagenumwobene Geschichte des Bauwerks, die man sich wie folgt erzählt: Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebte in Siefersheim ein wohlhabender, attraktiver Bauernsohn, der manch scheuen Mädchenblick auf sich zog. So auch den der Müllerstochter von der nahe gelegenen Katzensteigermühle. Sie verliebten sich in einander, doch der dickköpfige Müller war gegen die Verbindung. Er lag im Streit mit dem Vater des jungen Mannes und verheiratete seine Tochter kurzerhand mit einem Weinhändler. Sie starb kurz darauf an gebrochenem Herzen und auch der junge Bauernsohn blieb sein Leben lang unverheiratet. An der Stelle, wo sich die Liebenden einst heimlich trafen, ließ er einen Turm bauen. Den Ajaxturm.

Wir folgen dem Wanderweg entlang der Hangflanken des Galgenbergs und Mühlbergs. Das Landschaftsbild dieses Abschnitts ist nun deutlich schroffer und felsiger als zuvor. Trittsicher sind wir dank der guten Wegeführung aber weiterhin.

Wer möchte, kann es sich hier auf einer Wanderliege gemütlich machen und tolle Fernblicke genießen. Wir kehren den Weinbergen den Rücken und entdecken zum ersten Mal auf unserer Wanderung Ausläufer der Heidelandschaft, nach der diese Hiwweltour benannt ist.

Auf der Bahntrasse zur Mühle

Bevor wir die erreichen, tauchen wir allerdings zunächst auf einem sehr alten Wingertspfad in den Wald ein. An einer Weggabelung könnten wir einen kleinen Abstecher nach Neu-Bamberg mit historischem Ortskern und markanter Burgruine machen. Da wir beides aber während unserer Wanderung auf der benachbarten Hiwweltour Eichelberg besucht haben, folgen wir der Wegeführung weiter, die uns parallel zur Burg führt.

Es geht talwärts, bis wir den Appelbach erreicht haben. Wir wandern unter dichten Baumkronen auf einer alten Bahntrasse. Links von uns plätschert der Bach, es ist herrlich idyllisch.

Hoch hinauf in die Heide

Nur wenige Meter später erreichen wir die Katzensteigermühle. Genau! Die Mühle, aus der die Müllerstochter unserer tragisch-schönen Ajaxturm-Geschichte stammen soll. Eine Infotafel sagt uns, dass wir uns hier am tiefsten Punkt der Hiwweltour befinden. Wir wissen, was das bedeutet …

Es geht wieder bergan, zunächst noch gemütlich, dann spürbar steiler. Der Anstieg befindet sich aber komplett im Schatten, die frische Waldluft tut gut. Ehe wir uns versehen, verlassen wir den Wald und erreichen das Adlerdenkmal, das an die Opfer des Ersten Weltkriegs erinnert.

Hier steht eine weitere gemütliche Wanderliege, die nach der Steigung wirklich perfekt platziert ist. Wir ruhen uns ein wenig aus und genießen die nun wieder freie Sicht auf die schöne rheinhessische Landschaft.

Der nächste Wanderabschnitt führt uns mitten in das Naturschutzgebiet Horn und damit direkt in die Heide. Der Sommer war bislang sehr warm und trocken. Das macht sich hier bemerkbar, denn die Heide blüht lange nicht so intensiv wie wir es auf Bildern gesehen haben. Dennoch ist das Plateau mit den rötlichen Pflanzen, niedrigen Gräsern, Birken und Geröll sehr beeindruckend! Und so ganz anders als wir Rheinhessen bisher kennengelernt haben!

Almsommer in Rheinhessen

Unmittelbar nach der Heidelandschaft erwartet euch der nächste Höhepunkt dieser Wanderung: Das „Ende der Durststrecke“ – wie es ein Schild verrät. Es ist der Hinweis auf die Winzeralm des Weingut Zimmermann aus Siefersheim, wo wir bei herrlicher Aussicht eine längere Pause einlegen. Eine Alm in Rheinhessen? Inspiriert von der herrlichen Unkompliziertheit der alpenländischen Almen, die Jörg Zimmermann während seines Urlaubs am Achensee kennengelernt hatte, eröffnete er kurzerhand seine eigene.

Die Almsaison geht sonst von Anfang Mai bis Ende Oktober, an jedem schönen Wochenende ist die Wirtschaft von etwa 13 bis 18 Uhr besetzt. In diesem Jahr ist alles ein wenig anders. Aber zum Glück – seit Ende Juni weht die Fahne wieder – sie ist unten in Siefersheim sichtbar und gilt bei den Bewohnern als verlässliche Wettervorhersage. „Wenn die Fahne schwenkt, wird ausgeschenkt.“

Seit gut einem Jahrzehnt ist die ganze Familie mit viel Spaß dabei. Die Kinder seien praktisch hier oben aufgewachsen, erzählt Jörg Zimmermann. Kein schlechter Ort! Er erklärt uns die grandiose Aussicht, die 2016 zu „Rheinhessens Schönster Weinsicht“ gewählt wurde und die bei guten Bedingungen rund 90 Kilometer weit, über die Grenzen der Region, hinausreicht. „Ich komme hier hoch und kann abschalten.“ Wir auch! – Mit einem kühlen Glas Portugieser-Traubensaftschorle, deren Reben genau hier an der Alm wachsen, geht das ganz wunderbar.

Schaut am besten auf der Website oder auf Facebook nach den nächsten Terminen.

Mitten im Rebenmeer

Wir möchten eigentlich gar nicht mehr aufstehen, der letzte Abschnitt der Hiwweltour lockt dann aber doch. Jetzt wandern wir unmittelbar durch das Rebenmeer. Die Trauben sehen vielversprechend aus. Anders als der Heide gefällt ihnen das sonnige Wetter wohl außerordentlich gut.

Wir passieren den Tisch des Weines, der die letzten Meter unserer Wanderung einläutet. Charmante Mäuerchen und wilde Wiesen setzen die finalen Akzente der Hiwweltour Heideblick, die uns durch so viele unterschiedliche Landschaften geführt hat. Bevor wir uns versehen, haben wir nach gut vier Stunden inklusive einer ausgedehnten Pause an der Winzeralm erneut den Ortsrand von Siefersheim erreicht.

2 Antworten

  1. Die Tour ist wunderschön. Rheinhessen ist so vielfältig. Da kann man in diesem Jahr getrost den Urlaub im Ausland oder sonstwo verschmerzen.

    1. Liebe Frau Elter,

      schön, dass Ihnen die Hiwweltour Heideblick gefällt. Und das mit dem Urlaub sehen wir genauso. Unsere Gastgeber freuen sich und haben jeden kleinen Aufschwung verdient. Sind Sie auch die anderen acht Hiwweltouren schon gelaufen? Wenn nicht, rein in die Wanderschuhe. Wir freuen uns über Ihre Meinung. Schöne Grüße und schönen Urlaub.

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Ich schreibe als externe Autorin für den Rheinhessen-Blog. Dafür habe ich meine Wanderschuhe angezogen, die Kamera eingepackt und auf den neuen Hiwweltouren tolle Eindrücke und Geschichten der Region aufgespürt, die ich gerne mit Euch teile.

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