Wocheneinkauf im Hofladen? Diese drei Betriebe zeigen, wie´s geht!

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Viele von uns – mich eingeschlossen – scheuen beim Einkaufen oftmals den Extra-Abstecher zum Metzger, zum Kartoffelbauern, zum Winzer, zum Hühnerhof oder zum Bäcker. Im Supermarkt ist alles ganz bequem gebündelt, besonders funktional, auch wenn es mal schnell gehen muss. Doch, was wenn das auch im Hofladen um die Ecke möglich wäre? Und dazu noch in höherer Qualität und mit besserem Service? Diese drei Betriebe zeigen, wie der Wocheneinkauf auch im Hofladen gelingen kann. Sie sind nur einige spannende Beispiele für Ideen, Projekte und Konzepte, die überall in Rheinhessen darauf warten, entdeckt zu werden.

Bio Schweinothek in Gau-Bickelheim

In Gau-Bickelheim angekommen, stehe ich erstmal vor einer Herausforderung: einer riesigen Baustelle auf der Straße, die zu meinem heutigen Ziel führt. Ich beobachte kurz die Gau-Bickelheimer, die den Trubel sichtlich gewohnt sind und entscheide mich dazu, ebenfalls den direkten Weg zwischen Radladern, Bauarbeitern und Pflastersteinen hindurch zu nehmen. Noch ein paar Schritte, dann bin ich angekommen und fühle mich gleich in eine ganz andere Welt versetzt: Einladend, gemütlich, grün, idyllisch – der Innenhof der Bio-Schweinothek. Ich betrete den Laden und auch hier ist die Baustelle gerade Thema zwischen Chefin Maren und einer Kundin. Die Auswirkungen der Baustelle merke man deutlich, es komme weniger Kundschaft in den kleinen Hofladen, erzählt Maren. Aber sie bleibt optimistisch: „Im September, wenn alles geschafft ist, feiern wir erstmal eine zweite Eröffnungsparty!“

Dieser ansteckende Optimismus und die Lebensfreude waren es auch, die den Weg zur Schweinothek erst ermöglicht und geebnet haben. Nach einem schweren Schicksalsschlag haben Maren und Mann Bernd Einiges in ihrem Leben hinterfragt und umgekrempelt: Sie wollten etwas mit Wert schaffen, etwas, das bleibt. Im eigenen Betrieb hatten sie bis dahin Wein an- und ausgebaut. Bei dem Gedanken an eine Brachfläche zwischen zwei Windrädern kam schließlich die Idee: „Lass und doch einfach mal ein paar Schweine halten“ – gesagt, getan, Maren und Bernd schafften sich fünf Bunte Bentheimer an, eine alte, robuste Schweinerasse mit großen schwarzen Flecken zwischen dem Rosa und langen, dichten Borsten. Der Aha-Moment kam mit der ersten Schlachtung. Die Qualität und der Geschmack des Fleischs waren außergewöhnlich, das merkten auch Familie und Freunde schnell. Und was eigentlich als kleiner Verkauf aus der Garage heraus gedacht war, ist bis heute zu dem gemütlichen und modernen Hofladen gewachsen, in dem Maren hinter der Theke mit einer ihrer Mitarbeiterinnen steht und scherzt. Früher war an dieser Stelle der Schweinestall, dahinter in der Küche der Misthaufen, erzählt sie.

Ein paar ihrer Kunden stammen aus Gau-Bickelheim selbst, das Gros allerdings kommt aus den umliegenden Gemeinden, teilweise reisen sie sogar aus Frankfurt oder Köln an. Die Gründe hierfür sind einfach: man weiß, was man bekommt, kann auf persönliche Beratung vertrauen und findet bei Chefin Maren auch mal ein offenes Ohr für Sorgen und Probleme. „Unsere Kunden kaufen einmal bei uns ein und sind danach total versaut“, lacht sie und meint damit, dass viele ihrer Stammgäste erzählen, dass ihnen anderes Fleisch einfach nicht mehr schmeckt. Dafür mitverantwortlich sei die Herstellweise der „Dubbewutz“-Fleischprodukte hier in der Schweinothek – ohne Zusätze wie Nitritpökelsalz, Zucker oder Paniermehl, immer bedacht auf bestmögliche Qualität. Das gilt auch für die anderen, vielfältigen Produkte im Sortiment. Alles, was im Laden in den Regalen steht, ist bio-zertifiziert und sorgfältig ausgewählt. Vieles stammt von befreundeten landwirtschaftlichen Betrieben, wie beispielsweise die Eier oder das Gemüse in den Holzsteigen, um den Weg über Großhändler weitgehend zu vermeiden.

Regionale Produkte
Regionale Produkte

Auch Vegetarier und Veganer kommen auf ihre Kosten, denn trotz ihres Namens ist die Schweinothek keine Metzgerei, sondern versteht sich ganz einfach als Bio-Hofladen. Mal sind es Empfehlungen oder Hinweise von Kunden, mal eigene Ideen, wie man das Angebot sinnvoll erweitern könnte. Aber: jedes Produkt gibt es nur in einer Ausführung und nur in der Qualität, die den Ansprüchen der Bio-Schweinothek gerecht wird. Volle Transparenz also – genauso wie in der gläsernen Küche, in die man vom Hof aus hineinschauen kann. Hier entstehen leckere Kuchen und Torten, Frühstücksplatten mit den eigenen Erzeugnissen und auch ein warmer Mittagstisch wird hier zubereitet.

Das neueste Projekt der Familie, zwischen Hoffesten, Workshops, Seminaren und Führungen, ist grün-schwarz lackiert und steht auf vier Rädern im Hof: der brandneue Bio-Schweinothek-Burgerwagen. Alle hier sind mächtig stolz auf den Neuzugang und packen gerne mit an, wenn es ab sofort auf Feste, Messen oder Geburtstage geht. Die drei Kinder seien gerne Teil des Betriebs, sagt Maren, auch wenn die Berufswege im Moment noch offen seien. Die Älteste hat bereits die Ausbildung zur Bauernhof-Pädagogin in der Tasche und unterstützt so beim Projekt „Lernort Bauernhof“, bei dem Schulkinder tiefere Einblicke in die heimische Landwirtschaft bekommen sollen. Die Familie nutzt diese Gelegenheit, um vor allem die Bio-Landwirtschaft in den Vordergrund zu stellen – mit Erfolg: „Die Kinder nehmen wahr, dass es unseren Schweinen gut geht, und ich hoffe immer, dass wir mit dem Projekt eine bessere Wertschätzung für alle Lebensmittel bewirken. Immerhin sind die Schulkinder von heute unsere Zukunft.“

Bei unserem Gespräch kommen auch immer wieder neue Visionen und Träume zur Sprache, die noch auf Verwirklichung warten. „Die Ideen gehen uns nicht aus“, fasst Maren zusammen, „auch wenn die Schweinothek aus der Verbindung zwischen Wein und Schwein entstanden ist, entwickeln wir uns immer weiter, sind immer in Bewegung.“ Ich bin nach meinem Vormittag in der Schweinothek jedenfalls sehr gespannt, mit was uns die Bornheimer-Schwalbachs in Zukunft noch überraschen werden.

Hofladen der Lebenshilfe Worms in Worms-Hochheim

Mein nächstes Ziel liegt die schmale Pipinstraße hinauf in Worms-Hochheim, denn hier befindet sich der Hofladen der Lebenshilfe Worms mit Blumenwerkstatt und Gärtnerei. Im Innenhof wird man von einer einladenden Betriebsamkeit begrüßt; überall wird gewerkelt, gefahren, gegossen – und eingekauft. Im bunten, rustikalen Hofladen mit seiner Fülle an Produkten nimmt mich Frau Aydin in Empfang. Sie strahlt dieselbe positive und dynamische Energie aus, wie der ganze Hof, und noch bevor ich eine Frage stellen kann, beginnt sie von der Geschichte des Hofladens zu erzählen. Dieser hat im Dezember 2016 seine Tore geöffnet – Tore, weil hier bis dahin noch die großen Lieferwägen der alten Gärtnerei der Lebenshilfe untergebracht waren. Zuerst sollten hier die Produkte aus den eigenen Werkstätten, also aus der Schreinerei, der Textilwerkstatt, der Küche oder verschiedener Bastel- und Handwerksgruppen präsentiert und verkauft werden. Die Kunden wünschten sich jedoch schon bald auch andere Dinge, wollten unabhängiger von den großen Lebensmittelmärkten werden. So kam es, dass auch Gemüse, Obst, Fleisch und Milchwaren ihren Weg in die Regale fanden.

Heute hält der Laden eine wunderbare Mischung aus handgefertigten Deko- und Geschenkartikeln, liebevoll hergestellter Floristik, hochwertigen kulinarischen Produkten und frischen Lebensmitteln für seine Gäste bereit. Die zugekauften Produkte, wie beispielsweise auch die Kerzen in den verschiedensten Formen und Farben, stammen meist ebenfalls aus Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung.  „Das liegt uns am Herzen genauso wie unseren Kunden“, erklärt Frau Aydin, „deswegen haben wir auch zum Beispiel mit den Brotwaren so lange gewartet, bis die Lebenshilfe in Bad Dürkheim genug Kapazität hatte, um uns zu beliefern“. Lieferungen aus Bad Dürkheim mit Brotwaren sowie frischem Obst und Gemüse treffen immer dienstags und freitags in Worms ein, die beiden geschäftigsten Tage für die Mitarbeitenden im Hofladen. Frau Aydin verrät: „Wenn mal etwas knapp ist, entführen wir die Kunden auch schon mal nach nebenan in die Gärtnerei, um zu schauen ob dort noch einer der Salate aus unserer Anzucht zu haben ist“.

Generell sei die persönliche Bindung zu den Kunden sehr wichtig, genauso wie die Liebe zum Detail und die individuelle Betreuung und Beratung. Gerade als sie hiervon erzählt, kommt eine Kundin in den Laden und wird gleich persönlich begrüßt. Sie habe das Schild unten auf der Straße schon oft im Vorbeifahren gesehen und heute die Gelegenheit ergriffen, endlich mal reinzuschauen. „Das geht Vielen so“, lacht Frau Aydin, „wir sind hier oben ein verstecktes Paradies!“. Dieses Paradies haben gerade während der Coronapandemie und den damit einhergehenden Beschränkungen viele Neukunden für sich entdeckt – von denen fast alle auch heute noch treue Einkäufer sind. Was die meisten von ihnen motiviert, den Großteil ihres Wocheneinkaufs hier zu erledigen: Die Gewissheit, zu einer guten Sache beizutragen und Menschen zu unterstützen, die Freude an ihrer Arbeit haben. Als Winzerstochter kann ich natürlich nicht widerstehen, noch zwei Flaschen Wein der Lebenshilfe Bad Dürkheim zu kaufen, bevor ich mich von Frau Aydin und dem Hofladen verabschiede.

Obsthof Nickolaus in Mainz-Drais

Zuletzt besuche ich den Obsthof Nickolaus in Drais, sozusagen direkt vor meiner Haustür. Ich war schon öfter hier zu Gast und bin sehr gespannt darauf, den Betrieb noch näher kennenzulernen. Chefin Anja Nickolaus kommt gerade aus dem Büro in den Laden, als ich durch die Eingangstür komme. Während wir uns begrüßen, wandert ihr Blick zu einem Stapel Apfelsaftcontainern auf dem Tisch neben uns, ein paar sind schon weggenommen worden. Mit geübtem Auge und ein paar schnellen Handgriffen hat sie die Boxen wieder arrangiert und die Lücken geschlossen. „Bitte entschuldige, das konnte ich so nicht sehen. Meine Mitarbeiterinnen kennen das schon…“, schmunzelt sie und deutet zum Tresen. Auch im restlichen Laden lässt sich die Handschrift der Chefin erkennen: Die Regale, Kisten und Tische sind gut sortiert und sehr aufgeräumt, trotzdem ist das Gesamtbild herzlich und familiär. „Lass uns doch ins Büro gehen, da können wir uns besser unterhalten“.

Im Büro angekommen, weist Anja gleich auf das Gemälde eines Gehöfts hin – der alte, denkmalgeschützte Betriebssitz im Ortskern von Drais. Hier hatte schon die Uroma der Familie einen kleinen Marktstand und versorgte Freunde und Nachbarn mit allerlei frischen Produkten direkt vom Hof. Damals stützte sich die Familie noch auf viele Betriebszweige: Ackerbau, Obst, Vieh – klassisch rheinhessisch. Mit der nächsten Generation wurden die Weichen für die Zukunft gestellt, man spezialisierte sich nach und nach auf den Anbau von Obst. Heute konzentrieren Anja und Thomas sich vor allem auf Kern- und Steinobst, beliefern Lebensmittelmärkte und sind daneben auch noch Teil einer Genossenschaft. Im Sommer 2017 konnten sie sich endlich den Traum von der eigenen Direktvermarktung in Form einer großen neuen Lager- und Maschinenhalle mit angeschlossenem Büro und Hofladen erfüllen.

Seitdem haben sie ganzjährig geöffnet, mit nur ein paar Tagen Pause im Jahr. „Die ganze Familie ist zwar gewohnt, dass wir eine sechs, beziehungsweise jetzt in der Erntesaison, eine sieben Tage Woche haben, aber trotzdem brauchen auch wir mal eine Verschnaufpause“, berichtet Anja vom Leben als Selbstständige. Aber zum Glück kann das Ehepaar sich auf ein starkes Umfeld verlassen, allen voran das jahrelang eingespielte Verkaufsteam, das an der Kundentheke die Stellung hält. „Mein Grundteam ist eigentlich schon von Anfang an dabei, und über die Jahre sind echte Freundschaften entstanden. Manchmal wird es dabei so emotional, dass ich die Mädels daran erinnern muss, dass wir hier immer noch zusammen arbeiten“, erzählt die Chefin mit einem Zwinkern. Für das leibliche Wohl der drei Generationen sorgt meist die Oma, Anjas Schwiegermutter, die jeden Tag für alle kocht – ein echter Familienbetrieb eben.

Bei der Auswahl der zugekauften Produkte im Laden setzt man vor allem auf befreundete landwirtschaftliche Betriebe aus der näheren Umgebung, aber auch auf Empfehlungen und Nachfragen von Kunden wird gerne eingegangen. So fanden beispielweise die Landkartoffelchips von Bauer Jo oder die fertige Salatsauce eines regional ansässigen Kochs den Weg in den Laden. Selbst die eingelegten Gurken haben eine eigene Geschichte: „Unser Opa war vor ein paar Jahren zur Kur und hat dort einen Gurkenbauern aus Bayern kennengelernt. Die beiden haben sich so gut verstanden, und zum Abschied hat er ihm schließlich ein Glas der eigenen eingelegten Gurken mitgegeben. Nachdem wir die in großer Familienrunde probiert hatten war klar: Wenn wir irgendwann mal unseren Hofladen eröffnen, dürfen die Gurken nicht fehlen!“. Diese große Auswahl im Laden und den herzlichen Service schätzen vor allem Familien mit Kindern, Pendler profitieren besonders von der günstigen Lage direkt an der L427 – und die meisten haben den Ehrgeiz, hier ihren gesamten Einkauf zu erledigen. Das freut Chefin Anja: „Unser eigenes Ziel war schon immer, dass man hier alles für die sonntägliche Kaffeetafel bekommt“.

Zu unserem Gespräch stößt jetzt auch Thomas Nickolaus hinzu. Er erzählt von einer außergewöhnlichen Attraktion auf dem Hof: Der Selbstpflücke. Dabei können Kunden auf den Plantagen rund um den Hof ihre Kirschen und Aprikosen selbst ernten. Das führe zu einer besseren Wertschätzung für die Produkte, berichtet Thomas, außerdem biete sich so die Gelegenheit, noch intensiver über die Arbeit in den Obstplantagen ins Gespräch zu kommen. „Da macht man nebenbei auch schon mal eine kleine Obstbauberatung für den Kleingärtner zuhause. Aber das sind auch unsere wertvollsten Kunden. Die, die aus eigener Erfahrung wissen, welche Arbeit hinter einem schönen, gesunden Apfel steckt.“

Bei der Frage, was die Zukunft bringen wird, sind sich Anja und Thomas einig: sie wollen den Betrieb zukunftsfähig machen, um ihn mit gutem Gewissen an ihre Kinder weitergeben zu können. „Aber wir wollen, dass unsere Kinder die Freiheit haben, sich mit vollem Herzen für den Betrieb oder eben dagegen entscheiden zu können. Nur dann kann so etwas gut gehen“, gibt Thomas zu bedenken. Zum Abschied bekomme ich noch eine große Steige mit feldfrischen Kirschen und Aprikosen und ein paar Äpfeln geschenkt – genau die richtige Nervennahrung, wenn man über drei so tolle Hofläden berichten darf.  

Mehr Informationen über regionale Produkte und Direktvermarkter gibt es auf unserer Website.

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Ich bin in Wintersheim mitten in Rheinhessen großgeworden und als Winzerstochter schlägt mein Herz natürlich besonders für die Weine unserer Region. Für den Rheinhessen-Blog gehe ich mit noch interessierteren Augen und Ohren durch unsere Heimat. Seid Ihr dabei?

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