Weinwandern im Herbst: Genuss für Augen und Gaumen

Inhaltsverzeichnis

Unsere Autorin Marina Noble hat sich bei drei Wein-Wanderungen auf den Weg gemacht. Die sind gerade im Herbst sehr beliebt, wenn die Rebhänge im buntetn Kleid leuchten.

So lautet ein Erfolgsrezept Rheinhessens für aktive Genuss-Erlebnisse: Man nehme landschaftlich schöne Wanderwege durch die abwechslungsreiche Hügel-Landschaft. Kombiniere diese mit den köstlichen Tropfen aus dem größten Weinanbaugebiet Deutschlands. Nach Belieben füge man ausgewählte, kulinarische Köstlichkeiten hinzu und würze mit einer Brise Geselligkeit und fröhlichen Menschen. Das Ergebnis sind die beliebten Weinwanderungen, zu denen im Herbst – wenn die Blätter der Reben so schön in Gelb und Rot leuchten – verschiedene Gemeinden einladen.

Weinwanderungen = Landschaft, Genuss, Geselligkeit

Wer dabei meint, dass „viele Köche den Brei verderben“, irrt. Vielmehr wären die beliebten Wein-Events ohne die zahlreichen Beteiligten nicht möglich. Es engagieren sich Weingüter, örtliche Vereine, freiwillige Helfer und Helferinnen, manchmal eine koordinierende Agentur. Ohne Frage machen die Touren bei Sonnenschein am meisten Spaß. Aber mit entsprechender Kleidung und Schuhwerk tut auch kühleres, regnerisches Wetter dem Vergnügen keinen Abbruch. Dazu trägt auch die gut organisierte Infrastruktur bei – von ausreichend und gut ausgeschilderten Parkplätzen bis hin zu Toiletten-Häuschen entlang der Route.

Alsheimer Weinwanderung: Mit dem Glas durchs Hohlweg-Paradies

„Wir sind das Original in Rheinhessen“, darf Alsheim am Fuß der rheinhessischen Rheinterrasse zu Recht behaupten. Die „Mutter der Weinwanderungen“ findet bereits seit 1979 statt – und damit 2023 zum 44. Mal. Los geht´s jeweils am dritten Sonntag im September am Bürgerhaus. Dort gibt´s das Starterpaket. Neben einem Festglas mit Umhänge-Halter, das gleich mit Wein oder Secco gefüllt werden kann, umfasst es eine Infobroschüre.

Bei der „Mutter der Weinwanderungen“ – Foto: InMedia

Die Besonderheit der rund sechs Kilometer langen Rundstrecke sind die Hohlwege, für die Alsheim bekannt ist. Ihre Entstehung verdanken sie der Struktur der fruchtbaren Löss-Böden. Im Laufe der Zeit rieben die Räder der Fuhrwerke den Boden locker und Regen schwemmte das lose Material weg. So gruben sich die Wege immer tiefer ins Gestein – heute Schlucht-artige Gräben mit hohen Böschungen. Diese Biotope bieten zahlreichen Pflanzen- und Tierarten einen Lebensraum und sind daher geschützt. Für Besucher sind diese Hohlwege ein ganz besonderes Wandergebiet. Die Alsheimer gaben ihm den Namen „Paradies“ und wählten das Motto „Wein.Wind.Stille“.

Die für Alsheim typischen Hohlwege – Foto: InMedia

Der erste Teil der von der organisierenden Agentur InMedia gut ausgeschilderten Strecke ist identisch mit der WeinAromaMeile. Dort stehen Infotafeln mit Wissenswertem zur Erd- und Klimageschichte sowie dem Wein. Besonders anschaulich fand ich die „Frechen Früchtchen im Wein“ – hier werden die Fruchtaroma-Stoffe der verschiedenen Rebsorten im Bild dargestellt. Ist die Höhe erklommen, belohnen auf dem Plateau immer wieder echte Rheinhessen-Panoramen mit Weitblicken ins Rheintal und bis zum Odenwald. Auch zurück in den Ort wandern wir wieder durch einen Hohlweg.

Die frechen Früchtchen …
Fernblicke am Tisch des Weins

An sieben Rast-Stopps schenken die beteiligten Winzer ihren Wein, Secco oder Federweißen aus. Die Auswahl ist groß – zählt Alsheim mit 700 Hektar Rebfläche doch zu den größten Weinanbau-Gemeinden der Gegend. Das kulinarische Spektrum reicht von verschiedenen belegten Brötchen und Laugengebäck bis zu Fleischgerichten wie Spießbraten oder Gyros von einem einheimischen Metzger. Kennt Ihr den „Munkelbecher“? In diesem Becher kredenzen die Landfrauen eine stärkende Mischung aus Käsewürfeln, Tomaten, Trauben und Brezelchen. Auch im Ort selbst beteiligen sich Weingüter und Gastronomen mit einem leckeren Kuchen- und Tortenangebot oder Herzhaftem wie Wurstsalat oder Bratwurst.

Bei den Landfrauen gibt es Munkelbecher und mehr
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Auf den Punkt …
Termin: Dritten Sonntag im September – 2023 also am 17.09.
Startpunkt: Bürgerhaus Alsheim, Mehlpfortstraße 15/ Wahlheimer Weg
Strecke: Rund sechs Kilometer (ohne Zuweg)
Eintritt: 3,50 € für das limitierte Festglas; Starter-Paket mit Festglas, gefüllt mit Wein oder Secco, sowie Weinhalter für 8,00 €.
Anreise: Sehr gut möglich mit der Bahn aus Richtung Mainz oder Worms, die S6 verkehrt im 30-Minuten-Takt.
Weitere Infos: https://www.weinwandern.de

Siefersheimer Bänkelcheswanderung: Genuss im Land der 1000 Hügel

Auf einen der wohl bekanntesten Wanderwege geht es in dem für seine Kräuterhexen berühmten Siefersheim in der Rheinhessischen Schweiz: Die rund acht Kilometer lange Bänkelchesroute. Der Name stammt von den 15 Bänken, auf denen Wanderer unterwegs rasten können. Im Jahr 2005 hatte Kräuterhexe Christine Moebus mit einer Berliner Freundin die Idee, daraus ein Event zu machen. Dieses findet nunmehr jeweils am letzten Sonntag im September statt. Für ihre Tochter Charlotte Moebus aus dem Organisationsteam ist dies „eine Genuss- und Kulturwanderung im Land der 1000 Hügel, auf der gerastet und geschlemmt werden kann.“

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In diesem Gebiet erstreckte sich vor langer Zeit ein Meer und die Hügel ragten daraus als Inseln hervor. Überreste dieser Urmeer-Landschaft prägen noch heute die Landschaft – es gibt Brandungs-Klifffelsen und Sandbänke. Besonders fasziniert mich immer wieder eine weitere Besonderheit, die Heide. Mit etwas Glück blühen die violetten Blütenteppiche auch noch im September. Und achtet auf die mühevoll aufgeschichteten Trockenmauern! Diese errichteten die ersten Winzer, um die Wege zu befestigen und Wärme zu speichern. In den letzten Jahren haben die Siefersheimer die Mauern aufwändig restauriert. So können sie auch weiterhin der außergewöhnlichen Flora und Fauna eine Heimat bieten. Ein besonders schönes Fotomotiv ist unterwegs der Ajax-Turm. Dieser erzählt die Geschichte eines unglücklichen Liebespaars.

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Bei der Wanderung wartet Stärkung an rund zehn Stationen. Ins Glas kommen die guten Tropfen der beteiligten Winzer. Auch das kulinarische Angebot ist vielseitig und reicht von Kuchen bis Gegrilltes. Der Schwerpunkt liegt dabei auf rheinhessischen Spezialitäten – manche überraschend interpretiert, wie die orientalische Tajine „Kleines Rheinhessen“.

Die Winzeralm als Rastpunkt auf dem höchsten Punkt der Strecke ist übrigens den ganzen Sommer über an den Wochenenden bewirtschaftet. Auch im Ort selbst laden offene Winzerhöfe und Bewirtungs-Stationen zur Einkehr ein.

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Das Wein-Event ist eine echte Gemeinschaftsleistung der gesamten Gemeinde. In der für die Organisation eigens gegründeten Interessensgemeinschaft engagieren sich fast alle Winzer. Mehrere Vorbereitungstreffen im Jahr braucht es, damit das eingespielte Team alles in Eigenregie stemmen kann. Selbst die Bändchen als Weinglas-Halter fertigt eine Dame aus dem Ort per Hand.

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Auf den Punkt …
Termin: Letzter Sonntag im September – 2023 also am 24.9.
Startpunkt: Ab Wanderparkplatz „Am Gänsborn“
Strecke: Gut acht Kilometer
Eintritt: 3,50 € für das Weinglas ohne Band, 4,50 € mit Band (oder eigenes Glas mitbringen)
Weitere Infos auf unserer Website.

Schlemmerwanderung Oppenheim: Winzer treffen auf Street Food

Durch die schönen Weinberge von Oppenheim und Dienheim führt die Federweißen-Schlemmerwanderung, die traditionell am Tag der Deutschen Einheit stattfindet. Organisator Markus Appelmann von der organisierenden Agentur InMedia bringt das Konzept auf den Punkt: „Hier treffen regionale Winzer auf Street Food – und dies in den besten Oppenheimer Weinlagen“. Entlang des Wegs liegen zudem verschiedene Sehenswürdigkeiten.

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Startpunkt für die rund sieben Kilometer lange Route ist am historischen Marktplatz unterhalb der Katharinenkirche. Dieses größte, gotische Sakral-Gebäude zwischen Straßburger Münster und Kölner Dom ist übrigens einen Abstecher wert! Alterativ könnt Ihr auch direkt in den Weinbergen Euer Starter-Paket holen. Das vor 13 Jahren gestartete Event ist sehr beliebt und zieht bei schönem Wetter bis zu 10.000 Menschen an. Mit uns unterwegs sind viele Familien. Die auf der ganzen Strecke befestigten Wege machen es einfach, auch einen Kinderwagen zu schieben. Unterwegs gibt für den Nachwuchs Spielmöglichkeiten, beispielsweise eine Weinfass-Hüpfburg.

Der Nachwuchs ist mit dabei _ Foto von InMedia

Die Route – die teils dem RheinTerrassenWeg folgt – führt zu Sehenswürdigkeiten wie dem Krötenbrunnen, dem Namensgeber für eine berühmte Oppenheimer Weinlage. Auf der Höhe belohnen Weitblicke zurück zur Katharinenkirche, über den Rhein zum Odenwald und sogar bis zur markanten Skyline von Frankfurt. Besonders angetan haben es uns die am Wegesrand aufgestellten Stühle – hier sitzen wir mit einem Glas Wein in der Hand in der ersten Reihe. Überhaupt gibt es viele Sitzgelegenheiten. Auch die Burgruine Landskron haben wir immer im Blick. Deren Mauerreste erzählen von der wechselhaften Geschichte der Stadt. Später erwartet uns dort ein besonders interessanter Rastpunkt – Fernblick und schöne Fotomotive inklusive.

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Die neun kulinarischen Stationen entlang der relativ kurzen Strecke sorgen dafür, dass es nie weit bis zum nächsten Pausenstopp sein muss. Dort tragen über 25 Partner dazu bei, dass das Spektrum an Weinen und kulinarischen Genüssen äußerst vielseitig ist. Auf den Teller kommen beispielsweise verschiedene Burger-Arten, Paninis vom Grill, Zwiebelkuchen, Schlemmer-Häppchen oder Wildspezialitäten. Dazu passen hervorragend die guten Tropfen und der Federweiße der einheimischen Winzer. Wenn Euch nach der Tour nach einem gemütlichen Ausklang ist, dann haben auch am Markplatz verschiedene Gastronomie-Betriebe geöffnet.

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Auf den Punkt …
Termin: immer am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit. Auch im Frühjahr gibt es eine Schlemmerwanderung (07. April 2024)
Startpunkt: Am Marktplatz Oppenheim oder in den Weinbergen
Strecke: Rund sieben Kilometer
Eintritt: 3,50 € für das limitierte Festglas; Starter-Paket mit Festglas, gefüllt mit Wein oder Secco, sowie Weinhalter für 8,00 €.
Anreise: Auch hierher fährt die S6 aus Richtung Mainz oder Worms im 30-Minuten-Takt.
Weitere Infos auf unserer Website.

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Verfasst von:

Seit über 30 Jahren ist Rheinhessen meine Wahlheimat und ich, eine gebürtige Fränkin, lebe heute in der Oppenheimer Altstadt. Reisen zu nahen und fernen Zielen gehörten Jahrzehnte lang zu meinen Aufgaben als Inhaberin einer der erfolgreichsten touristischen PR-Agenturen Deutschlands. Nun im Ruhestand sind mein Mann und ich leidenschaftlich gern im schönen Rheinhessen unterwegs. Dabei engagieren wir uns z.B. für die Vogelbeobachtung oder als Wegepaten für den RheinTerassenWeg.

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